Zum Tode von Ken Kercheval:Glücklicher Verlierer

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Schauspieler Ken Kercheval begann seine Karriere am New Yorker Broadway und war neben Dallas auch in Kinofilmen wie The Seven-Ups zu sehen. (Foto: Chris Delmas/AFP)

Er war als leidensfähiger Gegenspieler und Öl-Unternehmer Cliff Barnes in der Serie "Dallas" bekannt, nun ist Ken Kercheval in seiner Heimatstadt Clinton, Indiana, gestorben.

Nachruf von Willi Winkler

Natürlich war Scheusal die bessere Rolle, und niemand beherrschte sie so gut wie Larry Hagman, der als J. R. in der Serie Dallas mit seinem sadistischen Charme alle an die Wand spielte. Sein liebstes Opfer, ausdauernd und leidensfähig wie ein gut eingelaufener Wanderstiefel, war Cliff Barnes. Aber der Ölbaron J. R. mochte noch so zähnebleckend hohnlachen - dafür hielt Cliff Barnes mit seinen unendlichen Ränken und Winkelzügen den Beruf des Anwalts in Gaunerehren. Und sah er nicht mit seinem gehetzten Blick und dem zu allem entschlossenen Kinn Tricky Dick ähnlich, dem seligen Richard Nixon?

Ken Kercheval spielte den bedauernswerten Cliff, dem immer wieder die Lippen einschrumpften, wenn ihm sein Schwager eine neue Niederlage zugefügt hatte. Er stammte aus dem James-Dean-Staat Indiana, arbeitete sich am Broadway durch Myriaden von Statistenrollen, füllte das Bild in mehr oder weniger bedeutenden Filmen und noch belangloseren Serien, trat immerhin in Cabaret auf (aber nicht in der Verfilmung) und fand schließlich die Rolle seines Lebens als ewiger Verlierer. 334 Folgen lang, von 1978 bis 1991, gab er die menschliche Prallwand für J. R. ab, der ohne ihn nur halb so schurkisch hätte sein können. Verlieren, so stand es im Drehbuch, das ein Team von modernen Äschyloiden und Euripideiden zu einem übergriechischen, also texanischen Welttheater steigerte, ist zwar unamerikanisch, aber aufgeben wäre noch schlimmer. Am Ende setzt sich, wie könnte es anders sein, der ewige Loser durch und übernimmt Ewing Oil. Im Traum wird er sogar Präsident.

Kercheval besaß, wie der Hollywood Reporter weiß, das Tintenfass, in das Abraham Lincoln 1862 die Feder für die Proklamation tauchte, die den Sklaven die Freiheit gab. Cliff Barnes war nie frei, aber wir müssen uns Ken Kercheval als glücklichen Menschen vorstellen. Am Ostersonntag ist er im Alter von 83 Jahren in Clinton in Indiana gestorben.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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