Gehälter:Deutschlands Chefaufseher verdienen so viel wie noch nie

Hauptversammlung Deutsche Bank

Ist wieder der Top-Verdiener unter den Aufsichtsratschefs der Dax-Konzerne: Paul Achleitner, hier bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank 2018 in Frankfurt.

(Foto: Arne Dedert/dpa)
  • Paul Achleitner ist mit einem Gehalt von mehr als 858 000 Euro im vergangenen Jahr erneut der Top-Verdiener unter den Aufsichtsratschefs der 30 Dax-Unternehmen, wie eine Studie ergeben hat.
  • In den vergangenen 13 Jahren ist die Vergütung der Aufsichtsratschefs demnach um mehr als vier Prozent pro Jahr gestiegen.
  • Doch mit durchschnittlich 424 000 Euro verdienten die Dax-Chefaufseher 2018 weniger als halb so viel wie der Durchschnitt der Aufsichtsratschefs im europäischen Aktienindex Stoxx.
  • Noch deutlicher ist der Abstand zu den Vorstandsvorsitzenden: Im Schnitt verdienen Dax-Vorstandschefs das 15-Fache ihrer Aufsichtsratschefs.

Von Jan Willmroth

Ganz oben auf der Liste ist wieder einer zu finden, der gerade ohnehin im Fokus der Öffentlichkeit steht: Paul Achleitner. Der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank verdiente im vergangenen Jahr mehr als 858 000 Euro und ist damit erneut der Top-Verdiener unter den Chefkontrolleuren der 30 größten börsennotierten Konzerne Deutschlands. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Erhebung der Personalberatung HKP hervor, die jährlich die Vergütungen der wichtigsten Aufsichtsratschefs vergleicht.

Der 62-Jährige steht seit 2012 an der Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Bank - und wird in dieser Rolle beobachtet wie nur wenige seiner Amtskollegen, zuletzt vor allem mit Blick auf Gespräche über einen Zusammenschluss mit der Commerzbank. Nachdem die Fusionsverhandlungen gescheitert sind, dämpft Achleitner die Erwartungen an das Management der Deutschen Bank. Einen von vielen Investoren und Analysten geforderten Strategiewechsel in der Investmentbanking-Sparte lehnt der Chefkontrolleur von Deutschlands größtem Geldhaus ab. Jeder Manager müsse sich ständig an ein sich wandelndes Marktumfeld anpassen, sagte Achleitner in einem Interview mit der Financial Times. In diesem Fall gehe es jedoch nicht um die Strategie, sondern um die Ausführung. Er verteidigte die Bemühungen der Sparte, die seit zwei Quartalen Verluste einfährt, die Wende zu schaffen. Achleitner galt als Befürworter einer Übernahme der Commerzbank, war aber in den am vergangenen Donnerstag verkündeten Abbruch der Gespräche direkt involviert und trug diesen mit.

Achleitners Gehalt war 2018 ein Drittel höher als das der Zweitplatzierten unter den Chefaufsehern: Gerd Krick (Fresenius) und Norbert Reithofer (BMW) verdienten je 640 000 Euro. Schlusslicht unter den ganzjährig für ihren Konzern tätigen Chefaufsehern war Reinhard Pöllath (Beiersdorf) mit einem Gehalt von 228 000 Euro. Im Durchschnitt verdienten die Dax-Aufsichtsratschefs der Studie zufolge 424 000 Euro und damit erheblich weniger als die Vorstände.

In den vergangenen 13 Jahren ist die Vergütung der Aufsichtsratschefs laut HKP um mehr als vier Prozent pro Jahr gestiegen. Die Personalberatung hält die durchschnittliche Vergütung für angemessen. "Die Vergütung am Ende der Rangreihe ist dagegen weder fair noch angemessen", schreiben die Experten. Eine Bezahlung auf Augenhöhe mit dem Vorstandsvorsitzenden - wie es etwa in der Schweiz üblich ist - bleibe eine Illusion. Im Schnitt verdienen Dax-Vorstandschefs das 15-Fache ihrer Aufsichtsratschefs. Deren Bezahlung ist weit weniger kompliziert als die von Top-Managern: Mehr als 80 Prozent der Dax-Konzerne haben inzwischen reine Fixgehälter für Aufsichtsräte eingeführt.

Diese Fixgehälter liegen aber immer noch deutlich unter dem internationalen Durchschnitt. Aufsichtsratschefs von Konzernen, die in den europäischen Aktienindizes Stoxx Europe 50 und Eurostoxx 50 gelistet sind, verdienen mehr als 900 000 Euro pro Jahr - wobei die Schweiz den Schnitt verzerrt. Ohne die Daten aus der Schweiz liegt die Vergütung im Mittel mit 594 000 Euro aber immer noch über dem deutschen Durchschnitt.

Nur einer der Dax-Aufsichtsräte wird von einer Frau geleitet

Künftig haben Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsräten mehr mitzureden als bisher. Bisher befasste sich die Hauptversammlung lediglich bei Bedarf - und in der Regel nur selten tatsächlich - mit den Gehältern der Mitglieder des Aufsichtsgremiums. Nun führen Änderungen am Aktiengesetz dazu, dass die Hauptversammlung mindestens alle vier Jahre über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder beschließen soll. Die Experten von HKP sehen daher einen "Trend zur weiteren Professionalisierung von kleineren Unternehmen".

Der Aufsichtsrat ist bei börsennotierten Aktiengesellschaften als eines der drei Organe der Gesellschaft neben der Hauptversammlung und dem Vorstand zwingend vorgeschrieben; er soll das Management im Auftrag der Aktionäre überwachen. Daneben hat er eine beratende Funktion. Mitglieder des Aufsichtsrats sind bei Fehlverhalten zum Schaden der Gesellschaft persönlich haftbar.

Häufig kritisiert wird die wenig paritätische Besetzung dieser Gremien: Nur einer der Aufsichtsräte der 30 Dax-Konzerne wird von einer Frau geleitet, nämlich der von Henkel. Die Frauenquote in den Dax-Kontrollgremien liegt im Schnitt bei einem Drittel.

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