Rummenigge und Hoeneß beim FC Bayern:Die Chefs reden stur aneinander vorbei

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Kontroverse Sätze von Rummenigge und Hoeneß über Trainer Kovac gefährden die Saisonbilanz des FC Bayern. Manche Aussagen grenzen an Mobbing gegen den Coach.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Das Erstaunliche am FC Bayern ist aktuell eine selten erlebte Transparenz. Es ist ja durchaus zu begrüßen, wenn jemand Tür und Tor öffnet, schließlich ist ein Fußballklub ein Unterhaltungsbetrieb. Beim FC Bayern sind die Entertainer etwas in die Jahre gekommen, Uli Hoeneß ist 67, Karl-Heinz Rummenigge 63 und der in einer Nebenrolle gastierende Hasan Salihamidzic immerhin schon 42. Doch es knarzt und kracht immer noch, diesen Dauereffekt muss man erst mal hinbekommen, wobei er vom Publikum von vielen Verständnisfragen begleitet wird: Was soll das?

Wo führt das hin? Riskiert der FC Bayern gar eine weitere seiner unzähligen Meisterschaften, weil die da oben auf der Tribüne allenfalls im täglichen Widerspruch vereinigt sind? Weil all dies den tapferen Trainer Niko Kovac zermürbt? Und weil es abfärbt auf eine Mannschaft, die sich in besseren Momenten zusammenreißt wie beim 5:0 gegen Dortmund, in den schlechteren aber zerbröselt wie jetzt beim 1:1 gegen die Nürnberger aus dem Tabellenkeller?

Wenn Hoeneß, der Präsident, und Rummenigge, der Vorstandschef, eng beieinander auf der Tribüne diskutieren, ist das offenbar eine optische Täuschung. Denn sobald sie vor die Mikrofone treten, sprechen sie mit gespaltener Zunge. Alles nachzuzeichnen, würde Bücher füllen, es genügt der Blick auf die letzten Tage.

Der Name Xabi Alonso wird Kovac begleiten - und auch alle, die ihm nachfolgen

Pokal-Halbfinal-Sieg in Bremen, Auftritt Hoeneß: "Fantastischen Fußball" habe er zuletzt entdeckt, zudem "gute Arbeit" von Kovac, für den Fall des Double-Gewinns stellte er dem Trainer gar eine "Eins minus" in Aussicht. Vier Tage später, am Morgen vor dem Nürnberg-Spiel, geht Rummenigge via Bild am Sonntag erneut kühl auf Distanz zum Trainer: "Jeder, der für Bayern München arbeitet, mich eingeschlossen, muss hier liefern, hier herrscht Druck, das ist beim FC Bayern schon immer so gewesen." Formal richtig. Warme Worte klingen anders.

Stur reden die beiden Mächtigen aneinander vorbei, und sie nähern sich offenbar auch nicht an, zumal Hoeneß schon Anfang April festgestellt hatte: "In so einem Spannungsfeld, wie unser Trainer in den letzten Wochen gelebt hat, kann man auf Dauer nicht vernünftig arbeiten."

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Nun zählt Kovac nicht zu den Larmoyanten seiner Zunft. Er klagt nichts ein, er weiß, dass er ein Amt auf Zeit ausfüllt, für das es einen Vertrag gibt und es keiner Jobgarantie bedarf. Und er wird sich bald einer Bilanzanalyse stellen müssen, deren Ausgang selbst dann offen zu sein scheint, wenn ein schlingerndes Ensemble sich doch noch auf Star-Fußball einigt, sich zusammenreißt und pragmatisch Meisterschaft und Pokal gewinnt.

Die Definitionsebene des FC Bayern aber ist längst die internationale, die Champions League. Kovac wird das mutlose Rückspiel-Aus gegen Liverpool vorgehalten werden, außerdem die Tatsache, dass die Mannschaft nicht so kontrolliert-effektiv wie unter Jupp Heynckes oder so partiell-flirrend wie unter Pep Guardiola auftrat. Zwei Trainernamen, auf die sich die Oberen (weitgehend) einigen konnten, mit den Nachfolgenden entstand das Problem: Carlo Ancelotti galt als Rummenigge-Mann, ebenso wäre es Thomas Tuchel gewesen, dessen Verpflichtung bereits zweimal an Hoeneß scheiterte. Stattdessen installierte er Kovac für den schwer zu moderierenden Generationswechsel - nun murrt nicht nur Rummenigge, es mosern auch Teile im Fanvolk, denen der Kovac-Stil zu reaktiv und damit nicht Bayern-like erscheint.

Fraglich ist nur, warum all das nicht in einer Debatte, sondern in öffentlicher Demontage endet. Rummenigge hat bereits ausgeführt, wie man Kovac, den Hoeneß-Trainer, im Herbst zunächst habe zurechtschleifen müssen. Womöglich musste eine Korrektur sein, doch zur Stärkung der Autorität des Trainers trug das nicht bei; ebenso wenig, dass Rummenigge perspektivisch einen anderen präferiert. Via Bild nennt er den Kandidaten, der quasi maßgeschneidert sei für den Klub, aber hinter den Bergen wohnt: Xabi Alonso, 37, der Stratege, der sich bei Real Madrid auf den Trainerberuf vorbereitet. Dieser Name wird fortan nicht nur Kovac begleiten, sondern alle, die ihm folgen sollten. Und er ist dann, so forsch platziert, auch eine Art Vermächtnis von Rummenigge, dessen Vertrag im Dezember 2021 endet und in dessen Nachfolge Oliver Kahn ab Januar 2020 eingearbeitet wird.

In diese Großwetterlage des Umbruchs ist Niko Kovac geraten. Man kann am Ende zur Auffassung gelangen, dass sie eine Nummer zu groß für ihn als Steuermann sein könnte. Aber das, was Kovac auf dem Weg zu dieser Erkenntnis aus dem Betrieb, bei dem er angestellt ist, zu lesen und zu hören bekommt, stellt sich als Mobbing unter Besserverdienenden dar.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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