Wirtschaft:Bayern will mit Blockchains arbeiten, bloß wie?

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Behördengänge oder Bezahlen - die sogenannte Blockchain-Technologie fasziniert inzwischen auch die Staatsregierung. Worum es dabei geht und was sie Bayern bringen könnte.

Von Maximilian Gerl, München

Die Staatsregierung will die Digitalisierung in Bayern vorantreiben. Ein erstes Maßnahmenpaket hat das Kabinett vor einigen Wochen verabschiedet. Besonders ambitioniert scheint das Vorhaben, eine eigene "Blockchain"-Strategie auf den Weg zu bringen. Die Technologie ist vielseitig einsetzbar und darum für Verwaltung, Wirtschaft und Forschung gleichermaßen interessant. Wie eine solche Strategie aussehen könnte und was sie Bayern bringen könnte - ein Überblick.

Was ist die Blockchain?

Vereinfacht sind Blockchains dezentrale, sich selbst verwaltende Datenbanken. Eine Blockchain wird nicht mehr auf einem Server gespeichert, sondern verteilt auf vielen Rechnern. Die Kette "wächst" mit jeder Information, die ihr hinzufügt wird. Jede dieser Transaktionen wird am Schluss als sogenannter Block ausgegeben, eine Art digitale Urkunde mit Brief und Siegel. Wichtig: Bereits hinzugefügte Transaktionen können nicht mehr gelöscht werden. Und die Kette ist für alle Teilnehmer einsehbar. Das macht Manipulationen bestenfalls unmöglich - und eine Dokumentation überflüssig. Prozesse sollen so sicherer, einfacher und schneller werden.

Wozu wäre das gut?

In der Theorie sind der Blockchain kaum Grenzen gesetzt: Sie eignet sich für Anwendungen des bargeldlosen Bezahlens genauso wie für die Organisation öffentlicher Wahlen. Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) könnte sich "eine fälschungssichere Identität" vorstellen, die "für die Kommunikation im Internet zwischen Bürgern und Staat und die Abwicklung von staatlichen Leistungen" genutzt würde. Beispielsweise wäre es dann nicht mehr nötig, nach einer Geburt eines Kindes händisch Anträge auf Kindergeld auszufüllen. Die Blockchain würde die Meldung des Kindes registrieren und automatisch die Überweisungen veranlassen.

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Wie weit ist Bayern?

Im Digitalministerium versucht man derzeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Die genauen rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen müssen ausgelotet werden - Neuland im wahrsten Sinne. Gerlach will zudem die Blockchain-Technologie in der Wissenschaft sowie in der Aus- und Weiterbildung verankern; außerdem setze sie auf die "geballte Schlagkraft der Blockchain-Community". Tatsächlich ist die Wirtschaft bei dem Thema weiter. Vor allem Start-ups versuchen, die Technologie für ihr Geschäftsmodell nutzbar zu machen. Eine Studie des Digitalverbands Bitkom spricht allerdings von einer "Experimentier-Phase". Noch fehle ein breites Angebot "wirklich alltagstauglicher Lösungen". Heißt umgekehrt: Staatliches Engagement wäre allgemein willkommen.

Hält die Blockchain, was sie verspricht?

Estland wickelt bereits einen Teil seiner Verwaltungsleistungen auf Basis einer Blockchain ab. Auch im Finanzbereich - etwa beim Schürfen der Digitalwährung Bitcoin - ist die Technologie erprobt. Manche Experten halten indes die Blockchain für überschätzt: Sie sei nicht besonders effektiv, mit der Zeit würde die Ketten nur länger und die zu transportierende Datenmenge größer. In einer Untersuchung kam die Beratungsfirma McKinsey zum Schluss, dass die Blockchain für viele Anwendungen zu komplex, teuer und instabil sei - jedenfalls noch. Dagegen stufte die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft in einer Analyse des Koalitionsvertrags die Idee als relevant ein: "Vor der Aufnahme in die Lehrpläne muss aber die Erprobung nützlicher Anwendungsfälle stehen." Bitkom begrüßt, dass sich die Bundesregierung derzeit ebenfalls an der Entwicklung einer Strategie versucht. "Deutschland muss bei der Entwicklung von Blockchain-Lösungen eine weltweite Spitzenstellung anstreben", heißt es in der Studie.

Wird Bayern mit der Blockchain zum digitalen Vorreiter?

Deutschland gilt in Sachen Digitalisierung nicht gerade als federführend, zu lange wurde zu viel verschlafen. Auf manchen Feldern scheint die Konkurrenz längst enteilt. So legt die chinesische Stadt Tianjin derzeit einen 16-Milliarden-Dollar-Fonds auf, um die Erforschung der künstlichen Intelligenz voranzutreiben. Da kann der Freistaat allein schwer mithalten. Der neue Digitalplan der Staatsregierung sieht darum vor, alle bisherigen Maßnahmen zu evaluieren und sich auf weniger, dafür vielversprechende Projekte zu konzentrieren. Ein Ansatz, der bei allen Versäumnissen gar nicht so verkehrt wirkt: Erfolgschancen steigen, wo knappe Ressourcen in Projekte mit vergleichsweise überschaubarer Konkurrenz investiert werden. Etwa in die Blockchain.

Bis wann gibt es Ergebnisse - und zu welchem Preis?

Das Digitalministerium plant bis zum Sommer die nächsten Schritte. Im aktuellen Entwurf des Doppelhaushalts 2019/20 ist pro Jahr eine Million Euro eingeplant.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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