Gleichstellung:General Motors ist der erste Autohersteller mit mehr Frauen als Männern an der Macht

Gleichstellung: Seit Mary Barra bei GM die Führung hat, wurden die Gehälter von Frauen und Männern deutlich angeglichen.

Seit Mary Barra bei GM die Führung hat, wurden die Gehälter von Frauen und Männern deutlich angeglichen.

(Foto: Todd Plitt/AP)
  • Im Aufsichtsrat von General Motors (GM) sitzen künftig sechs Frauen und fünf Männer.
  • GM ist damit der einzige Autohersteller weltweit mit mehr Frauen an der Macht als Männern.
  • Auch in Deutschland sind Frauen mit 30,2 Prozent in den Aufsichtsräten der Börsenunternehmen noch immer deutlich in der Minderheit.

Von Kathrin Werner

Man kann sich General Motors als eine Insel vorstellen. Der Ozean um diese Insel herum ist voller Männer: Männliche Vorstandschefs, männliche Finanzvorstände, männliche Aufsichtsräte, männliche Aktionäre, Mitarbeiter, Analysten. In der Autoindustrie nannte man all diese Männer die "Car Guys". Wenn man in der Branche mal eine Frau zu sehen bekommt, trägt sie meist einen kurzen Rock und tiefes Dekolleté und darf auf einer Automesse die neuen Modelle enthüllen. "Car Girls" gibt es kaum.

Außer auf der Insel. General Motors erlebt gerade einen Durchbruch. Vorstandschefin ist eine Frau: Mary Barra. Finanzchefin ist eine Frau: Dhivya Suryadevara. Und wenn bei der jährlichen Hauptversammlung am 4. Juni zwei Männer in Rente gehen, sitzen im Aufsichtsrat des Autobauers aus Detroit sechs Frauen und fünf Männer, die die Aktionäre bestätigen müssen. Das Kontrollgremium schrumpft dann von 13 auf elf Mitglieder.

Das macht GM zum einzigen Autohersteller weltweit mit mehr Frauen an der Macht als Männern. Neben dem Konzern wird es nur drei weitere im US-Leitindex Fortune 500 geben, die eine weibliche Mehrheit im Aufsichtsrat haben. Nur ein weiterer hat wie GM sowohl eine weibliche Mehrheit im Aufsichtsrat als auch eine Vorstandschefin: Die Elektronikhandelskette Best Buy. In den Meeren voller Männer gibt es nur wenige Inseln.

Doch ihre Zahl steigt. Laut einer Untersuchung des Marktforschers Equilar steigt die Zahl der Frauen in Aufsichtsräten in den USA schneller als gedacht. Equilar prophezeit, dass im Jahr 2034 genauso viele Frauen wie Männer in den Aufsichtsräten der 3000 nach Marktwert größten börsennotierten US-Firmen sitzen werden. 2016 ging der Marktforscher noch davon aus, dass diese Quote erst 20 Jahre später erreicht werden würde. Im Moment sind nur 19 Prozent der US-Aufsichtsräte Frauen.

In Deutschland sind die Zahlen nach einer gesetzlichen Verpflichtung deutlich besser. Frauen sind mit inzwischen 30,2 Prozent aber noch immer deutlich in der Minderheit in den Aufsichtsräten der 160 Börsenunternehmen, hat die Allbright-Stiftung gezählt. Sie sind im Durchschnitt fünf Jahre jünger und zwei Jahre kürzer im Amt als ihre männlichen Kollegen. In den für die Vorstandsbesetzungen zuständigen Ausschüssen sind Frauen mit nur 16,8 Prozent vertreten, was dazu beiträgt, dass weiterhin eine ganz überwiegende Zahl Männer auf Vorstandsposten berufen werden. Im deutschen Leitindex Dax gibt es keine Vorstandschefinnen.

Analysten sind angetan von GM, der Insel der Frauen

GM hat seit Mary Barras Antritt als Konzernchefin im Jahr 2014 viel Energie in Gleichstellung der Geschlechter gesteckt. Das Unternehmen hat sich zum Beispiel dem Equal Pay Pledge angeschlossen, einer Selbstverpflichtung, Frauen und Männern gleiche Löhne für gleiche Arbeit zu zahlen. Equileap, eine niederländische Ratingagentur, die Firmen nach Frauen-Gleichberechtigung bewertet, hat GM vor Kurzem als Sieger unter den amerikanischen Konzernen ausgezeichnet. GM habe ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von weniger als drei Prozent.

Laut diversen Studien geht es Unternehmen mit mehr Vielfalt, insbesondere mehr Frauen an der Macht, besser als männerdominierten Konkurrenten. GM bestätigt die Forschung. In den vergangenen drei Jahren hat das Unternehmen den größten US-Konkurrenten Ford an der Börse vor sich hergetrieben. 2018 verkaufte GM in den USA fast drei Millionen Autos, mehr als jeder andere Hersteller. Die Zahl war zwar niedriger als im Vorjahr, Ford hat aber noch deutlich mehr Absatz verloren.

Unter Barra hat der Konzern stärker in Zukunftstechnik wie Elektromobilität investiert und eine Beteiligung am Fahrdienstleister und Uber-Konkurrenten Lyft erworben, die sich rentiert. Die Ergebnisse des ersten Quartals waren allerdings nicht sehr überzeugend, vor allem wegen schwacher Nachfrage aus China. Analysten, die Beobachter von Konzernergebnissen und Aktienkursentwicklungen, sind jedenfalls angetan von GM, der Insel der Frauen. "Investitionen in ein Unternehmen sind stets in hohem Maße Investitionen in das Managementteam", sagte Rod Lache, einer der führenden US-Autoanalysten und ergänzte zu GM: "Dieses Unternehmen ragt deutlich heraus."

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