Deutschland und Venezuela:"Wer sich auf eine Seite stellt, kann nicht vermitteln"

Bundesaußenminister Maas in Kolumbien

Bundesaußenminister Heiko Maas traf kürzlich den venezolanischen Oppositionellen Julio Borges. Doch wer sich klar auf eine Seite stellt, könne nicht vermitteln, sagen seine Kritiker.

(Foto: dpa)
  • Die Bundesregierung hat sich früh an die Seite Juan Guaidós gestellt - doch im politischen Berlin gibt es Zweifel, ob das richtig war.
  • Kritiker, etwa von Grünen und Linken, werfen der Bundesregierung vor, dadurch Vermittlungsversuche zu untergraben.
  • Seit Monaten kommt die Europäische Union nicht voran mit dem Versuch, eine Lösung für die schwere Staatskrise in Venezuela zu finden.

Von Benedikt Peters, Sebastian Schoepp und Stefan Braun

Aus Sicht der Bundesregierung hat Außenminister Heiko Maas gerade seinen venezolanischen Kollegen getroffen. Während seiner Lateinamerikareise schüttelte er Julio Borges die Hand, man lächelte und setzte sich zum Gespräch. Allerdings trafen sich die beiden in Bogotá, nicht in Venezuela also, sondern im Nachbarland Kolumbien. Borges lebt dort, er gehört einer Regierung an, die keine Macht hat. Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó hatte nicht nur sich selbst im Januar zum Präsidenten ernannt, sondern auch gleich eine ganze Regierung.

Berlin hat diese Regierung anerkannt, so wie es US-Präsident Donald Trump vorgemacht hatte. Mehr als 50 Staaten zogen nach. Doch in der deutschen Hauptstadt fragt man sich inzwischen, ob dieses Manöver nicht ein wenig voreilig gewesen sein könnte. Offiziell bleibt die Bundesregierung bei ihrer Linie, das bekräftigte Maas auf seiner Reise. "Unsere Unterstützung für Juan Guaidó hat sich in keiner Weise geändert." Er betonte aber auch, dass es dessen Job als Interimspräsident gewesen wäre, Neuwahlen zu organisieren. Dafür gibt man gewöhnlich eine Frist von 30 Tagen, die verstrichen ist.

Das war auch ein Hindernis für eine Akkreditierung des Berliner Guaidó-Emissärs Otto Gebauer Morales als Botschafter. Zwar führte man eine Unterredung mit dem deutschstämmigen Venezolaner, jedoch blieb das Auswärtige Amt auf Distanz. Das mag auch mit Gebauer Morales' Vergangenheit als Putschist zu tun haben; er war dabei, als eine Clique 2002 versuchte, den gewählten Präsidenten Hugo Chávez zu stürzen. Der Putsch dauerte nur einen Tag. Gebauer landete deswegen im Gefängnis, später brüstete er sich damit, er habe "Chávez weinen sehen" - an dem einen Tag nämlich, als die Putschisten ihn festgesetzt hatten, bevor sie ihn auf Druck der Bevölkerung freilassen mussten.

Die deutschen Parteien streiten darüber, ob der Umgang der Bundesregierung mit der Krise in Venezuela richtig ist. Die Bundesregierung habe sich mit der Anerkennung von Guaidó als Interimspräsidenten ins völkerrechtliche Abseits manövriert, sagte die Linke-Außenpolitikerin Heike Hänsel. Ähnlich sieht es Jürgen Trittin von den Grünen. "Leider kann Europa zu einer gewaltfreien Lösung des Konflikts nicht mehr viel beitragen", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Heiko Maas habe sich mit Europa frühzeitig hinter Donald Trumps bedingungslose Unterstützung von Guaidó gestellt. "Aber wer sich auf eine Seite stellt, kann - anders als Uruguay oder Mexiko - nicht vermitteln."

Norbert Röttgen (CDU) hingegen hält den Kurs Berlins für richtig. "Der Druck auf das unterdrückerische Regime von Maduro muss mit allen außer militärischen Mitteln aufrechterhalten werden", sagt der Sprecher des Auswärtigen Ausschusses, und sein Parteikollege Jürgen Hardt kommt zum gleichen Schluss. "Die Anerkennung Guaidós war richtig und ist von der venezolanischen Verfassung gedeckt. Diese Position zu ändern, nur weil Maduro faktisch noch die Macht hat, wäre opportunistisch." So sieht es auch Alexander Graf Lambsdorff von der FDP.

Fest steht, dass Berlin derzeit mit überhaupt keinem Vertreter Venezuelas mehr offiziell redet, denn den Botschafter der Maduro-Regierung hat man ebenfalls kaltgestellt - ohne ihm freilich die Akkreditierung zu entziehen. Maduro hat schon klargemacht, was er von der Bundesregierung hält. Im März erklärte er den deutschen Botschafter zur unerwünschten Person. Daniel Kriener verließ Venezuela. Es ist zu hören, dass Berlin an Krieners Rückkehr arbeitet. Unter diesen Vorzeichen ist es kein Wunder, dass die EU-Kontaktgruppe nicht vorankommt. Sie wollte binnen 90 Tagen Neuwahlen in Venezuela erreichen. Doch auch die sind mittlerweile um.

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