Kommunalwahlkampf:Die Geldbeutel-Offensive der SPD

Kommunalwahlkampf: Mehr Geld, um es zu den Kassen der Geschäfte (hier ein Registriermodell aus den 1950er-Jahren) zu tragen: Wer in München wohnt, kann mit finanziellen Entlastungen rechnen.

Mehr Geld, um es zu den Kassen der Geschäfte (hier ein Registriermodell aus den 1950er-Jahren) zu tragen: Wer in München wohnt, kann mit finanziellen Entlastungen rechnen.

(Foto: mauritius images)
  • Die Münchner SPD wappnet sich für die Kommunalwahl 2020: mit einer Menge Geld.
  • Zum Beispiel werden Kitaplätze günstiger und arme Senioren bekommen mehrmals die Woche ein kostenloses Mittagessen.
  • Besonders teuer wird wohl die jüngste Idee: Die Stadt soll die München-Zulage für ihre Beschäftigten verdoppeln.

Von Heiner Effern

Die SPD wusste eigentlich schon vor der verheerenden Landtagswahl, dass sie ums politische Überleben kämpfen müssen wird. Auch in München, wo sie sich zuhause fühlt. Spürbar nach außen hin geändert hat sie aber kaum etwas. Doch seit dem Absturz auf 12,8 Prozent der Wählerstimmen im vergangenen Herbst lässt sich in München eine Linie erkennen, wie die Sozialdemokraten die schlechte Stimmung und die schlechten Umfragen umdrehen wollen.

Sie folgen dafür der alten politischen Faustregel vieler Regierungsparteien: Nur glückliche Bürger schenken einem das Kreuz auf dem Stimmzettel. Das heißt in einer teuren Stadt wie München: Die Wähler müssen mehr Geld in der Tasche spüren.

"Wir müssen alles tun, um Menschen mit niedrigen, aber auch mit mittleren Einkommen, mit kleinen Renten, unter die Arme zu greifen und uns um Familien kümmern", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Mittwoch auf dem Marienplatz. Dann zählte er auf, was die Sozialdemokraten seit dem vergangenen Jahr gefordert, angeschoben, durchgesetzt oder auch zur Not vom politischen Gegner übernommen oder mit diesem umgesetzt haben.

Denn eines ist Reiter und wohl zunehmend auch einigen Parteistrategen klar: Die SPD will und muss beim Kampf um erträgliche Mieten die führende Partei in der Stadt sein. Der Mieterverein ist eine Art Partei-Unterorganisation, das Volksbegehren Mietenstopp geht mit auf ihre Kappe und eine kommunale Mietpreisbremse ist längst beschlossen. Doch was immer die SPD auch unternimmt, günstiger wird es für niemand. Das könnte aber auch heißen: Mit dem Thema Mieten kann sie die Wahl bestenfalls nicht verlieren. Gewinnen muss sie auf anderen Feldern.

Also drückte Reiter im Herbst noch gegen Widerstand in der eigenen Partei günstigere Gebühren für die Kinderbetreuung durch. Bis zu einem Familien-Einkommen von 50 000 Euro sind Krippe und Kindergarten sogar frei. Da der Freistaat danach auch noch eine Landesförderung beschlossen hat, werden wohl sogar alle Drei- bis Sechsjährigen künftig gratis in den Kindergarten gehen. Alleine dafür sind im Stadt-Haushalt 2019 etwa 15 Millionen Euro eingeplant. Die Summe wird in etwa dieser Höhe jedes Jahr anfallen.

Doch nicht nur die Jüngsten bekommen mehr von der Stadt, sondern auch die Senioren. Ebenfalls im Herbst schob die SPD an, dass Besucher der Alten- und Servicezentren, die auf die Grundsicherung angewiesen sind, drei Mal in der Woche gratis ein warmes Mittagessen bekommen. Die Kämmerei rechnet dafür mit einem Budget von 1,6 Millionen Euro pro Jahr. Des weiteren fordert die SPD die Aufstockung des kommunalen Regelsatzes für Senioren mit Grundsicherung. Derzeit legt die Stadt 21 Euro zum Bundessatz drauf, diese Summe wollen die Sozialdemokraten auf 100 Euro erhöhen. Das würde ihrer Rechnung nach die Stadt 15 Millionen Euro pro Jahr kosten.

Auch bei der jüngst beschlossenen MVV-Reform betonte OB Reiter stets, dass die Tickets für die Münchner nicht teurer werden dürften. Als schließlich der Freistaat mit einem jährlichen Zuschuss die letzten Hürden für die Neuordnung beiseite räumte, ist dieses weitgehend gelungen. Dafür schießt aber auch die Stadt dem MVV von 2020 an jährlich 28 Millionen Euro zu. Schon jetzt fördert sie die 250 000 Münchner, die unter der Armutsgrenze leben. Für 2019 gewährt die Stadt 9,5 Millionen Euro an MVV Ermäßigungen, die sie an die Deutsche Bahn und dem MVG überweist.

Am kommenden Dienstag berät der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft über eine milde Gabe für alle Münchner Familien. Für ein Pilotjahr werden SPD und CSU vorschlagen und auch beschließen, Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren den Eintritt in die Freibäder zu erlassen. Wie viel Geld das kosten wird, können die Stadtwerke München (SWM) als Betreiber nicht sagen. Jugendliche ab 14 Jahren zahlen nämlich den vollen Erwachsenenpreis und sind deshalb statistisch nicht erfasst. Einen siebenstelligen Betrag könnten die Gratis-Tickets schon ausmachen, doch das sorgt die Stadt nicht: Das müssen die Stadtwerke aus ihrer Kasse bezahlen.

Richtig knallen im Haushalt wird aber die jüngste Offensive der SPD. Am Mittwoch auf dem Marienplatz ging es nicht nur um alte Erfolge, sondern auch um einen künftigen: Die Stadt soll die München-Zulage für ihre Beschäftigten verdoppeln. Derzeit beträgt sie 133,87 Euro, künftig sollen es 267,74 Euro sein. Etwa 19 800 Mitarbeiter würden davon profitieren. Auch wenn dieser Zuschlag noch zu versteuern ist, da bleibe spürbar mehr hängen als drei Euro fünfzig, sagte der Oberbürgermeister. Das zuständige Personalreferat rechnet seither, was diese Initiative kosten wird. Ersten groben Schätzungen zufolge könnte es 50 Millionen Euro pro Jahr sein.

Und die Konkurrenz? Zieht bei der München-Zulage mit, mault mal wegen offensichtlicher Wahlkampfgeschenke (Grüne) oder überbietet die SPD-Offensive mit noch weitergehenden Forderungen (CSU): Sie will allen städtischen Mitarbeitern die Zulage zahlen, nicht nur bis zu einer Einkommensgrenze bei etwa 4500 Euro. Da nach fünf fetten Jahren die städtische Kasse gut gefüllt ist, werden die politischen Gegner bestimmt noch einige SPD-Geschenke bis zur Kommunalwahl im März 2020 kommentieren dürfen.

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