Geldwäsche:"Ungenügender Einsatz"

Grünenpolitiker Sven Giegold fordert eine Europapolizei. Zum Schaden des Steuerzahlers seien Gelder in Millionenhöhe nicht beschlagnahmt worden, weil es viel zu lange dauere, bis die Fälle bearbeitet würden.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl, Sven Giegold, fordert eine Zentralisierung im Kampf gegen Geldwäsche. "Wir brauchen eine europäische Behörde, die sich der großen Geldwäschefälle annimmt und eine europäische Strafverfolgung bei grenzüberschreitender Geldwäsche und Steuerbetrug", sagte Giegold der Süddeutschen Zeitung. Zudem erwartet der Grünen-Politiker von der neuen EU-Kommission, die im Herbst ihre Arbeit aufnehmen wird, den Aufbau einer "europäischen Polizei, die dann in ganz Europa eigenständig ermitteln darf".

Der Kampf gegen Geldwäsche liegt immer noch in den Händen der einzelnen EU-Staaten. Der Skandal um die dänische Danske-Bank machte deutlich, dass internationale Geldwäsche von nationalen Behörden kaum eingedämmt werden kann. Zwischen 2007 und 2015 sind rund 200 Milliarden Euro aus zweifelhaften Quellen über die Danske-Filiale in Estland nach Europa und die Vereinigten Staaten geschleust worden. Es ist der größte bislang bekannte Geldwäscheskandal. Die Europäische Bankenaufsicht Eba kam letzten Monat in einer internen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die dänische und estnische Finanzaufsicht ihre Aufsichtspflicht verletzt und dabei insgesamt vier Rechtsverstöße begangen hatten. Das oberste Entscheidungsgremium der Eba wollte den kritischen Bericht jedoch nicht akzeptieren und stimmte mit 27 zu 1 Stimmen gegen die Veröffentlichung. Im Eba-Rat sitzen die Chefs der 28 nationalen Aufsichtsbehörden, also auch die Vertreter aus Estland und Dänemark, die sich so selbst exkulpieren konnten. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat gegen die Veröffentlichung gestimmt. Die Grünen halten das für skandalös und möchten das Verhalten der Behörde am Mittwoch im Finanzausschuss des Bundestages thematisieren.

"Der Rat der nationalen Aufseher hat den kritischen Bericht der Eba zum Danske-Fall abgelehnt, weil dann offiziell festgestellt worden wäre, dass die dänische und estnische Behörde Rechtsbruch begangen haben", sagt Giegold. Dass beide nicht gut gearbeitet hätten, habe man gesehen. "Aber ein Rechtsbruch ist noch einmal ein ganz anderer Vorwurf. Diese Kritik einer europäischen Behörde wollten die nationalen Aufseher nicht hinnehmen", so Giegold, der seit 2009 im Europäischen Parlament sitzt.

"Entscheidungen auf europäischer Ebene, bei denen ein Interessenkonflikt vorliegt, dürfen deshalb nicht länger von nationalen Aufsehern getroffen werden", fordert Giegold. "Im Bereich der Geldwäsche führt das zu einem Sicherheitsrisiko für ganz Europa", kritisiert der Grünen-Politiker. In Deutschland werden jährlich rund 100 Milliarden Euro gewaschen, Europol beziffert die globale Geldwäsche auf rund 1,5 Billionen Euro. "Geldwäsche in dieser Größenordnung ist eine große Bedrohung für die Stabilität der Demokratie", warnte jüngst der Europarat.

Dennoch liegen in Deutschland rund 20 000 unbearbeitete Geldwäscheanzeigen bei der zuständigen Behörde beim Zoll. "Wir haben ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland bei der EU-Kommission angemahnt, denn immer noch stellt Deutschland den nationalen Geldwäschebekämpfern nicht genug Geld und Personal zur Verfügung", sagt Giegold. "Bis die angezeigten Fälle bearbeitet sind, ist das Geld längst weg." Ähnliche Defizite gebe es auch in anderen EU-Staaten. Den "ungenügenden Einsatz" von Bundesfinanzminister Olaf Scholz könne "man nur als Arbeitsverweigerung bezeichnen". Kriminelles Geld in Millionenhöhe sei zum Schaden der Steuerzahler nicht beschlagnahmt worden.

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