Puchheim:Fallstricke im Cyberspace

Daniel Wolf, Digitaltrainer, 2019

Digitaltrainer Daniel Wolff erläutert anhand aktueller Beispiele die Wirkungsweise von Falschnachrichten und Stimmungsmache und erklärt Software zur Manipulation von Videos.

(Foto: Matthias F. Döring)

Ein Medienpädagoge erklärt Schülern der Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums sowie ihren Eltern, wo im Internet Gefahren lauern und wie dort mittlerweile die Realität verfälscht werden kann

Von Jamila Christians

Puchheim - Welchen Informationen aus dem Internet kann man heute noch trauen? Und welchen Risiken setzen sich dort Kinder und Jugendliche aus? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Daniel Wolff.

Bereits zum zweiten Mal hat der Digitaltrainer und Medienpädagoge den Digitaltag am Gymnasium Puchheim moderiert. Dabei empfahl er Schülern der fünften, neunten und zehnten Klasseneinen kritischen Umgang mit Smartphone und Internet.

Das Thema für die neunten und zehnten Klassen: "Hate Speech" und "Fake News". Hassparolen und gefälschte Nachrichten kursieren in Massen durch das Netz. Wolff zeigte, wie sich Schüler davor bestmöglich schützen können. Neuntklässler sind davon überzeugt, sich in der digitalen Welt auszukennen - zumindest in der Praxis. Jeder hat ein eigenes Smartphone, jeder ist auf sozialen Medien aktiv. Als Wolff ein Video zeigt, kann freilich so einfach niemand sagen, ob es sich hier um Wahrheit oder Lüge handelt. Das Video zeigt den ehemaligen amerikanischen Präsident Barack Obama, der eine Rede hält. Das Aussehen, die Stimme, die Lippenbewegung, alles wirkt echt. Doch der Schein trügt. In Wahrheit ist es nicht Obama, der die Rede hält. Das Video wurde mit Hilfe einer Software manipuliert. Diese kann jede beliebige Person imitieren, so dass der Nutzer nicht mehr erkennt, was wirklich real war. "Dass Bilder und Schriften gefälscht werden, ist bekannt. Dass nun aber auch Bewegtbilder, also ganze Videos, gefälscht werden, das ist ein relativ neues Phänomen", sagt Wolff. Auch viele Schüler sind überrascht. "Wir werden in einer Welt leben, in der wir nichts mehr glauben können", sagt Wolff. Denn die Fake News nehmen zu. 1000 Arten der gefälschten Nachrichten gebe es bereits, Tendenz steigend. Wie erkennt man, ob es sich um ein Witz oder eine wahrheitsgemäße Nachricht handelt? "Satire erkennt nicht jeder", so Wolff. Er erklärt den Jugendlichen die vielen kleinen Details und Indizien, die es ermöglichen, ein "Fake", also eine gefälschte Information, Webseite oder Nachricht zu erkennen. Dann geht es um die eigene Sicherheit der Internet-Nutzer: "Wer nutzt das E-Mail-Passwort für andere Plattformen wie Social Media Accounts?" fragt Wolff und erntet verhaltenes Gelächter. Fast alle tun das. "Wenn man das E-Mail-Passwort kennt, kann man eine Person sozial vernichten", warnt Wolff. Ein Risiko, das die meisten Jugendlichen im Raum offenbar unterschätzt haben. "Hate Speech", also Hassreden sind ein allgegenwärtiges Thema. Fast jeder der Schüler ist im Netz schon auf diskriminierende Inhalte gestoßen. Bei heftigen Verstößen rät Wolff grundsätzlich zur Anzeige bei der Polizei. Denn scheinbare Anonymität schützt nicht vor rechtlicher Verfolgung.

Bei den fünften Klassen geht es um den "digitalen Durchblick" und darum, wie man "smarter als sein Smartphone" sein kann. Fast jeder der Fünftklässler hat bereits ein Handy, doch sind sie sich auch bewusst, welche Risiken die Nutzung von Google, Whatsapp oder Instagram mit sich bringt? Auch die Eltern sind an diesem Abend eingeladen. Wolff ist es wichtig, dass Kinder und Eltern gleichermaßen informiert werden. Nur so könne eine Diskussion entstehen, die auch zu Hause weitergeführt wird. Eltern sind in erster Linie gefragt, ihre Kinder zu begleiten und offen über die Gefahren im Netz zu sprechen. Diese werden von Eltern nicht selten unterschätzt: Der erste pornografische Film, gewalttätige Videos oder auch Cybermobbing - die Jugendlichen sind zum Teil verstörenden Inhalten ausgesetzt. Wenn Eltern im Vorfeld nicht genug sensibilisieren, stehen die Jugendlichen vor einem Zwiespalt. "Die Eltern sind die schwierigsten Ansprechpartner, denn nur sie können das Handy auch wieder wegnehmen". Entsprechend hoch sei hier die Scheu, sich bei Problemfällen an Eltern zu wenden.

Auch Wolff, der neben seinen Vorträgen an Schulen auch an der Ludwig-Maximilians-Universität Fachkräfte im digitalen Bereich schult, kennt das Problem aus vielen Klassen, die er besucht. Kaum ein Schüler erzählt, dass Eltern im Vorfeld über Gefahren aufgeklärt haben. "Die Eltern unterschätzen die Gefahr", sagt Wolf.

Auch die stellvertretende Schulleiterin des Puchheimer Gymnasiums, Monika Christoph, sieht das ähnlich: "Uns als Schule ist es wichtig, dass wir ein entsprechendes Angebot für die Schüler haben, die auf Themen wie Digitalisierung eingehen". Bisher ist die Schulung durch Daniel Wolff jedoch die Ausnahme. Noch immer fehle es der Schule an entsprechender Ausstattung mit Geräten und vor allem an Fachpersonal, sagt Christoph. "Die Digitalisierung trifft jedes Fach, das Was und Wie gehören unmittelbar zusammen". Ohne die nötige Technologie liege die Umsetzung von digitalen Lerninhalten im Unterricht jedoch in ferner Zukunft.

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