Baugeschichte:Eine Kirche für Jahrtausende

Denkmalpfleger entdecken Reste des karolingischen Doms in Passau

Der Stephansdom in Passau zählt zu den wichtigsten Kirchenbauten in Bayern. Überdies gilt er als die bedeutendste Barockkirche italienischer Prägung auf deutschem Boden. Aber schon mehr als ein Jahrtausend vor der Barockzeit stand im spätantiken Passau eine Kirche. Bereits um das Jahr 450 ist ein Gotteshaus bezeugt. Im Jahr 730 wird erstmals urkundlich eine Bischofskirche erwähnt.

Mit Steinrelikten war dieser Bau bisher nicht zu greifen. Aktuelle Bodenradarmessungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) haben nun aber ein Fenster in die frühe Geschichte des Passauer Doms geöffnet. Erstmals kann man jetzt den Grundriss der karolingischen Kirche rekonstruieren, eines ganz frühen Vorgängerbaus des heutigen Doms. Der erste sichere Nachweis einer Kirche auf dem Domberg stammt von 754, ihre Bauzeit muss also davor liegen. Die frühmittelalterlichen Vorgängerbauten des Passauer Doms sind noch kaum erforscht. Mit dieser Messung sei der erste materielle Nachweis für diese frühmittelalterliche Bauphase des Doms erbracht, heißt es im Denkmalamt.

Um die Fundamente aufzuspüren, wurden im vergangenen Januar elektromagnetische Wellen in den Boden geschickt. Unterirdische Mauerreste reflektierten diese Wellen und machten damit deutlich, was sich im Untergrund verbirgt. Das Landesamt für Denkmalpflege hat mit dieser Methode die freien Bereiche im Langhaus untersucht. In einer Tiefe von etwa 100 bis 140 Zentimeter unterhalb des heutigen Bodens zeichneten sich die Überreste der karolingischen Kirche ab. Damit war eine Rekonstruktion des Grundrisses möglich.

Das dreischiffige Langhaus maß etwa 46 mal 20 Meter, der Chor war davon abgesetzt. Die Daten lassen noch weitere Rückschlüsse auf den Kirchenbau zu: Die erhaltenen Stützen haben eine Seitenlänge von 70 Zentimeter. Daraus ergibt sich, dass das Kirchenschiff kein Gewölbe hatte; dafür wären mächtigere Stützen notwendig gewesen. Die Kirche wurde direkt auf dem Felsen des Dombergs erbaut und bedurfte deshalb keiner Spannfundamente. Die Außenmauern dieser frühmittelalterlichen Kirche fallen in mehreren Bereichen mit jenen der folgenden Bauphase zusammen.

Bis jetzt war die Geschichte des Passauer Doms so richtig erst vom 10. Jahrhundert an fassbar. Der nun dokumentierte Kirchenbau wurde 976/977 zerstört. Unter Bischof Pilgrim (971-991) begann dann zeitnah der Bau des ottonischen Doms. Der Stadtbrand von 1181 hinterließ schwere Schäden an diesem Bauwerk, doch erst im frühen 14. Jahrhundert kam es zu einem weitgehenden Neubau. 1662 fiel die Altstadt noch einmal einem Stadtbrand zum Opfer - und wieder musste auch der Dom erneuert werden. Von 1667-1698 entstand auf den gotischen Fundamenten der barocke Dom, der sich bis heute erhalten hat, und zwar als größter barocker Kircheninnenraum nördlich der Alpen.

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