USA:"Dringliche Angelegenheiten" statt Berlin-Besuch

  • US-Präsident Trump verhindert den Berlin-Besuch seines Außenministers - wegen "dringlicher Angelegenheiten".
  • Wohin er Mike Pompeo schickt, ist noch unklar. Krisenherde gibt es genug: Iran, Afghanistan, Nordkorea oder Venezuela.
  • So droht Iran, die Straße von Hormus zu blockieren. Und auch mit den afghanischen Taliban wird derzeit verhandelt.

Von Daniel Brössler, Stefan Kornelius und Paul-Anton Krüger

Im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt ist schon alles vorbereitet, als am frühen Morgen völlig überraschend die Nachricht kommt: US-Außenminister Mike Pompeo hat seinen Antrittsbesuch in Berlin abgesagt. Die Begründung fällt erst einmal knapp aus: Er müsse sich auf Wunsch des Präsidenten um "dringende Angelegenheiten" kümmern.

Warum die Maschine Pompeos von Finnland aus nicht wie geplant Kurs auf Berlin nimmt, darüber kann allerdings zunächst nur spekuliert werden. Es riecht nach einem diplomatischen Affront. Um die Wogen zu glätten, ruft Pompeo bei Bundesaußenminister Heiko Maas an. Er äußert sein Bedauern und verspricht, den Besuch rasch nachzuholen. Dabei gelingt es ihm offenbar auch, Maas von der "Dringlichkeit" der Terminabsage zu überzeugen. Der Deutsche jedenfalls äußert Verständnis. Unklar ist aber zunächst, wohin Donald Trump seinen Chefdiplomaten entsandt hat.

Als "sehr bedauerlich" bezeichnet derweil in Berlin der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), die Absage Pompeos. "Es gibt viel zu besprechen an gemeinsamen Herausforderungen, aber auch im Innenverhältnis zwischen Deutschland und den USA", sagt er der Süddeutschen Zeitung. "Selbst wenn es sich um unabweisbare Gründe für die Absage handeln sollte, passt sie leider ins aktuelle Klima im Verhältnis der beiden Regierungen", beklagt der CDU-Politiker.

Eskalation mit Iran, Verhandlungen mit den Taliban

Auch Deutschland müsse seinen Beitrag leisten, damit sich das wieder bessere. Hier sei "vor allem die deutsche Bringschuld zu nennen, unseren finanziellen und damit Leistungsverpflichtungen in der Nato verabredungsgemäß nachzukommen".

Seit Tagen beschäftigt vor allem die Eskalation zwischen Iran und den USA die Diplomaten. In Doha verhandeln zugleich US-Unterhändler mit den Taliban über einen möglichen Frieden in Afghanistan. Im Norden Syriens sind die Kämpfe wiederaufgeflammt. Nordkorea und Venezuela sind zwei andere Krisenherde, mit denen sich Pompeo und die USA derzeit beschäftigen.

Die mitreisenden Journalisten wurden nicht über das Ziel informiert. Ihnen wurde nur mitgeteilt, dass sie möglicherweise nicht aus dem Zielland berichten könnten, bis sie es wieder verlassen hätten.

Gegen 15:00 Uhr befand sich Pompeos Flugzeug laut einer Internetseite, auf der sich Flüge verfolgen lassen, mit südlichem Kurs über Polen auf dem Weg Richtung Slowakei. In seiner Richtung liegt ein weiteres, diesmal nordafrikanisches Krisenland: Libyen. Iran jedoch hat in den vergangenen Tagen auf informellen Kanälen signalisiert, dass es auf die Sanktionspolitik der USA reagieren werde.

Es gilt als sicher, dass Teheran zunächst nicht das Atomabkommen kündigen wird. Es wird jedoch erwartet, dass Präsident Hassan Rohani bei einem für diesen Mittwoch geplanten Fernsehauftritt erklärt, dass Iran nicht mehr alle Verpflichtungen uneingeschränkt umsetzt.

So wird spekuliert, dass Iran die Entwicklung neuer Zentrifugen zur Urananreicherung beschleunigen könnte oder die Inspektionen seiner Atomanlagen durch Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörden einschränkt. Sowohl Präsident Rohani wie auch Außenminister Mohammed Javad Zarif sehen das Nuklearabkommen als ihr Werk an und wollten es erhalten, sagen mit dem Dossier vertraute Diplomaten.

Diplomaten gehen allerdings davon aus, dass Iran versuchen wird, bei anderen Themen indirekten Druck zu entfalten. So steht die Drohung im Raum, die bis zu zwei Millionen afghanischen Flüchtlinge im Land nicht mehr an der Weiterreise nach Europa zu hindern. Iranische Vermittler kleideten die Drohung in die Forderung, man benötige dringend finanzielle Unterstützung für die Schulausbildung von etwa einer halben Million afghanischer Kinder.

In Teheran hat man mit großem Interesse verfolgt, dass die EU infolge der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 ein Abkommen mit der Türkei geschlossen hat, das Ankara Milliarden Euro bringt dafür, dass die Türkei syrische Flüchtlinge im Land behält. Von den EU-Mitteln wird etwa der Unterricht für Flüchtlingskinder finanziert.

Eine zweite Eskalationsgefahr sehen europäische Experten in der Straße von Hormus, dem Nadelöhr am Zugang zum Persischen Golf, durch das die Golfstaaten Öl und Gas in alle Welt exportieren, unter ihnen die US-Verbündeten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Ein Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden wurde in den vergangenen Tagen mit den Worten zitiert, dass auch kein anderes Land mehr Öl exportieren werde, wenn Iran an der Ausfuhr gehindert werde.

Iran droht, die Straße von Hormus zu blockieren

Auch Präsident Rohani hatte mit einer Blockade der Straße von Hormus gedroht. Allerdings hat das Regime in Teheran in der Vergangenheit solchen Drohungen nie Taten folgen lassen. Eine Sperrung der strategisch bedeutenden Meerenge, durch die ein Drittel der weltweiten Öllieferungen verschifft werden, würde unweigerlich eine amerikanische Reaktion nach sich ziehen, mutmaßlich eine militärische.

Nachdem die USA in den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln in die Region entsandt haben, wächst die Sorge vor einem militärischen Schlagabtausch, auch wenn die Verlegung des Trägerverbandes aus dem Mittelmeer offenkundig seit Monaten im Zuge einer Routinemission geplant war. In Berlin und Brüssel besteht die Sorge, dass Hardliner in der US-Regierung eine militärische Auseinandersetzung mit Iran suchen, auch wenn US-Sicherheitsberater John Bolton dies in Abrede stellt.

Nach Berichten von US-Medien wurde die Verlegung des Trägers und einer Bomberstaffel durch Geheimdienstinformationen ausgelöst, nach denen iranische Kräfte Angriffe auf amerikanische Truppen im Irak vorbereiteten. Der amtierende Verteidigungsminister Pat Shanahan sprach von einer "glaubhaften Bedrohung durch iranische Kräfte.

Allerdings hieß es aus Geheimdienstkreisen, man gehe nicht davon aus, dass ein solcher Angriff unmittelbar bevorstehe. Die USA hatten die Revolutionsgarden jüngst zur Terrororganisation erklärt, Iran stufte daraufhin alle US-Truppen im Nahen Osten entsprechend ein. Diplomaten rechnen damit, dass Revolutionsgarden in einer Konfrontation mit den USA die Chance sehen könnten, sich gegen die moderateren Kräfte in der iranischen Regierung durchzusetzen.

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