Vorschlag-Hammer:Gut vernetzt mal ohne Internet

Ohne Spitzen-Netzwerk unter Museumsleuten wäre ein besonderes Werk Caravaggios nie und nimmer in der an sich mit niederländischen Museen entwickelten Schau in der Alten Pinakothek gelandet: die Grablegung Christi

Kolumne von Susanne Hermanski

Alles vernetzt sich in diesen Tagen. Das ist herrlich, besonders wenn es analog, von Mensch zu Mensch vonstatten geht. So beim alljährlichen Ladys Art Lunch, den die Kunstmanagerin Sonja Lechner ins Leben gerufen hat, und bei dem sich jüngst in der Villa Stuck mehr als 100 weibliche Führungskräfte trafen. Die Runde, in der ich sitzen durfte, hatte schnell ihre neue Spinnerei gefunden, die nun unbedingt Wirklichkeit werden muss: eine große Kunstinstallation, die von der Villa Stuck zur Isar hinunter, an der Sammlung Schack und dem Nationalmuseum vorbei bis zum Haus der Kunst, weiter bis ins Münchener Kunstareal mit den grandiosen Pinakotheken und weiter bis zum Lenbachhaus führen sollte. Denn all diese inspirierenden, von vielen tollen Kuratoren und Kunstvermittlern geführten Museen liegen wie Perlen einer Kette an einer einzigen Straßenachse. Trotzdem ist das weder bei allen Münchnern noch in der Crowd kunstbegeisterter Menschen aus aller Welt ausreichend präsent. Um den Zusammenhang sichtbar zu machen (und dies nicht nur der Museums-Buslinie 100 zu überlassen), braucht es ein verbindendes Zeichen. Eine Lichterkette? Einen Street-Art-Gag? Einen immerwährenden Staffellauf?

Wir werden sehen, ob auf dieses Tischgespräch Taten folgen. In den nächsten Tagen aber gibt es genügend Beispiele in Münchens Kulturleben, die zeigen, wie lohnenswert es ist, sich zu vernetzen. So ist das Dok-Fest zu Gast im Futuro, diesem verrückten kleinen Kunststoffhaus aus den Sechzigerjahren, das vor der Pinakothek der Moderne wie ein Ufo gelandet ist. In seinem selten zugänglichen Inneren werden sieben dokumentarische Virtual-Reality-360°-Erlebnisse geboten. Dabei kann der Besucher mit Nasa-Astronauten auf Weltraummission gehen, mit dem Motorrad von Ho Chi Minh City nach Bangkok fahren oder in die Welt einer bipolaren jungen Frau eintauchen (10. bis 19. Mai, 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, Eintritt frei). Auch diese Surround-Filme sind Ausdruck einer Vernetzung, nämlich jener, die seit 30 Jahren zwischen der Region Quebec und Bayern bestehen, und sie feiern diese fruchtbare Zusammenarbeit.

Durchzogen von interessanten Kooperationen ist auch das Begleitprogramm der Caravaggio-Ausstellung in der Alten Pinakothek. Die Augsburger Poetin Alke Stachler bietet etwa einen Workshop für junge Leute an, die zusammen in der an Licht und Schatten so reichen Welt der Maler "auf Wortsuche" gehen und daraus eigene Geschichten und Verse gestalten. Er ist Teil des Bundeswettbewerbs "lyrix" und ist gefördert vom Bundesforschungsministerium (Anmeldung programm@pinakothek.de).

Ohne Spitzen-Netzwerk unter Museumsleuten wäre zudem nie ein besonderes Werk Caravaggios in der an sich mit niederländischen Museen entwickelten Schau gelandet: Die Grablegung Christi. Dieses Gemälde ist eine Leihgabe aus dem Vatikanischen Museum. Dorthin wird es nach dem 19. Mai wieder gebracht. Also nicht zu lange Lunchen und nichts wie los!

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