Royaler Deutschlandbesuch:"My German is schrecklich"

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Die Krüge hoch: Das Britische Thronfolgerpaar mit Maßkrügen im Münchner Hofbräuhaus. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Vom Hahn bis zum Chorknaben - Prinz Charles und Camilla glänzen während ihrer Deutschlandreise mit Stopps in Leipzig und Bayern bei den unterschiedlichsten Begegnungen. Trotz Brexit.

Von Ulrike Nimz, Leipzig, und Beate Wild

Weißbier, Helles, Apfelbrand. Dann drei verschiedene Käsesorten. Und noch eine Karotte obendrauf. Wer die britische Königsfamilie repräsentiert, darf nicht zimperlich sein. Damit hat Prinz Charles als Weltrekordhalter im Thronfolgen natürlich Erfahrung, egal, ob er in Ghana tanzt oder in Bayern Brotzeit macht.

Der 70-Jährige und seine Frau Camilla beenden am Freitagmittag auf dem Biobauernhof Herrmannsdorfer östlich von München einen viertägigen Deutschlandbesuch. Fein gekleidet, mit Dauerlächeln und viel Charme drehen sie ihre Runde durch das Öko-Gehöft. "Der Käse hat ihm ausgezeichnet geschmeckt, und meine Tracht hat ihm sehr imponiert", erzählt später Käsereimeister Hubert Stadler, 41. Schnapsbrenner Theo Hagenrainer, 75, kann von einem "sehr sympathischen Zeitgenossen" ohne Dünkel berichten. Symbiotische Landwirtschaft, Eigenproduktion, Bienenstöcke: Das sind ohnehin Themen, die den Biobauern Charles schon länger leidenschaftlich interessieren.

Royaler Besuch
:Mit Hahn im Arm

Der britische Thronfolger Prinz Charles und seine Ehefrau Camilla besuchen Deutschland - und müssen selbst Hand anlegen. Die Stationen ihrer Reise.

Der Thronfolger in Deutschland, das ist schon lange so eine routinierte Angelegenheit wie ein Tourstopp von AC/DC. Seit seinem ersten Besuch 1962 besuchte Charles das Land mehr als 30 Mal, auch privat. Für Camilla ist es nach offiziellen Angaben auf bayerischem Boden eine Premiere.

Dort erlebt sie in gut 24 Stunden Gebirgsschützen, Lederhosn-Überreichung, Trachtenspalier. Was fremde Kulturen eben so auffahren, wenn der britische Hochadel kommt. Am Donnerstag darf sie dann sogar erleben, wie ihr Ehemann im Hofbräuhaus ein Tänzchen mit Margot Bissinger wagt, einer Rentnerin, die dort gerade zum Seniorentanz weilt. "Er hat wunderschön getanzt", erzählt die Prinzentanzpartnerin später, "wir hatten richtig Spaß. Ich fühlte mich recht geborgen in den Armen vom Herrn Prinzen."

Schon am Mittwoch in Leipzig bestand für Camilla und ihren Gatten extreme Sehnenscheidenentzündungsgefahr durch exzessives Winken: nach dem Besuch der Thomaskirche und dem Gesang des Thomanerchors ("Lasset uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihre Seile"). Mit britischem Stoizismus erträgt der Prinz, dass man ihn auf den 300 Metern vom Kirchhof zum Rathaus öfter mal verniedlichend "Charlesy" nennt. Camilla, in hellblauem Kleid mit Spitzenkragen, schüttelt die Hände, die ihr Gatte verpasst hat. "Bigger crowd than expected", flüstert der britische Botschafter einem Kompagnon zu: mehr Menschen da, als erwartet. So einen Auflauf hat die Leipziger Innenstadt zuletzt bei der Primark-Eröffnung gesehen.

Charles wolle mehr deutsche Serien schauen

Der britische Besuch findet im Jahr 2019 aber natürlich auch im Schatten des "bad B-Word" statt, wie der Brexit hinter vorgehaltener Hand genannt wird. Das deutsch-britische Verhältnis lobt Charles auf seiner Tour zur Genüge, und dafür muss er nicht einmal permanent auf seine deutschen Vorfahren zurückgreifen. Der Brexit blitzt nur hinter Understatements hervor, zum Beispiel am Dienstag in seiner Rede auf der "Queen's Birthday Party" in der britischen Botschaft: "Unser Verhältnis ist im Wandel begriffen." In Leipzig spricht das Paar mit Schülern aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich über Stadterneuerung, Partizipation, Nachhaltigkeit. Statt britischer Europamüdigkeit bedauert der Prinz seine Sprachkenntnisse: "My German is schrecklich." Und er gelobt, mehr deutsche Serien schauen zu wollen. Bevor jemand ihm den "Tatortreiniger" empfiehlt, ist er schon weitergeeilt.

In München, wo das Paar am Donnerstag weilt, ist die Zahl der Schaulustigen ansehnlich, aber nicht mit der Begeisterung von 1987 vergleichbar, als Charles mit Diana die Stadt besuchte. Nicht nur der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß begrüßte die beiden, sondern auch ein Menschenmeer fähnchenschwenkender Münchner. Der auch in Deutschland gepflegte Diana-Kult verdeckte damals noch weitestgehend, welche Fehlbesetzung die beiden als Märchenpaar waren. 2019 hat es Charles mit Markus Söder zu tun. Vom königlichen Besuch gibt sich selbst der routinierte Ministerpräsident beeindruckt. Schon vor dem Abendessen in der Residenz flötet er von der "Lockerheit und Entspanntheit" des Prinzen. Statt der "totalen Unregierbarkeit Großbritanniens", von der Söder im April zum Höhepunkt des Brexit-Dramas sprach, betont auch er natürlich die Verbundenheit.

Echte Politik ist eben tabu für die Königsfamilie, auch wenn Charles daheim einst manchen britischen Minister mit seinen handschriftlichen Einlassungen zur Lage des Königreichs nervte. Die Royals laufen eben außer Konkurrenz. Und das öffentliche Interesse hat sich ohnehin inzwischen mehr auf die Nachfolgegenerationen verlagert. Die Geburt von Baby Archie, Nummer sieben der Thronfolgerliste, erwähnt Charles schon in seiner Rede in Berlin. Er spricht Deutsch, das sich doch als gar nicht so schrecklich herausstellt: "Es ist wirklich ein besonderes Vergnügen, wieder einmal in Berlin zu sein - besonders als Großvater eines neugeborenen Enkels." Dafür gibt es natürlich Jubel. Denn auch wenn Prinz Charles immer noch kein König Charles ist, den familieninternen Titel Opa Charles kann ihm keiner streitig machen.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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