Porträt über Albert Füracker:Der Mann, der Söder alles sagen darf

Wiedereröffnung des Königsbaus der Residenz

Königsflüsterer: Albert Füracker (rechts) hat auch durch seine Nähe zu Markus Söder großen Einfluss im Kabinett.

(Foto: dpa)

Albert Füracker gilt als eher zurückhaltend - als Finanzminister und Vertrauter von Markus Söder aber hat er großen Einfluss. Zweifel an seiner fachlichen Eignung hat Füracker längst zerstreut.

Von Wolfgang Wittl

Fast alle hatten sie dem neuen Alleinherrscher schon gehuldigt, doch einer ließ sich Zeit. Albert Füracker ist keiner mehr, der sich vordrängeln muss, wenn es um die Nähe zu Markus Söder geht. Es war Mitte Januar, die CSU hatte Söder gerade zu ihrem Chef gewählt. Geduldig wartete Füracker am Ende der Schlange, dann flüsterte er dem Ministerpräsidenten zu: "Jetzt darf ich also auch noch Herr Parteivorsitzender zu Dir sagen." Wobei jeder in der CSU weiß: Dieser Albert Füracker ist einer der wenigen, die ohnehin alles sagen dürfen zu Markus Söder.

Seit gut einem Jahr gehört Füracker, 51, zu den mächtigsten Politikern im Freistaat. Außerhalb der CSU haben das womöglich noch nicht alle bemerkt. Als Finanz- und Heimatminister nimmt er eine Schlüsselrolle im Kabinett ein. Ohne seine Zustimmung läuft wenig, allein dieses Amt überträgt ihm schon eine bestimmte Autorität. Aber Füracker führt auch noch die Oberpfälzer CSU an, einen der größten Bezirksverbände der Partei. Mit gut 50 Prozent war er bei der Landtagswahl der Stimmenkönig in ganz Bayern. Und dann ist da noch das besonders enge Vertrauensverhältnis zu Söder. Was macht er mit dieser Macht? Was macht sie mit ihm?

Füracker hat sich in die Finanzwelt eingearbeitet

Füracker drängt nicht von sich aus auf die große Bühne. In dieser Woche lässt es sich nicht vermeiden. Drei Tage berät der Landtag über den neuen Doppelhaushalt 2019/20. Die Staatsregierung wird sich rühmen, wie einzigartig stabil die bayerischen Finanzen sind. Die Opposition wird mosern, dass zu viel Geld für Wahlgeschenke und zu wenig für Investitionen und Schuldentilgung ausgegeben werde. Mittendrin der Finanzminister. Packt der das? Das hatten sich ja auch Parteifreunde gefragt.

Drei Eigenschaften müsse ein guter Finanzminister mitbringen, sagt der frühere CSU-Chef Erwin Huber, der einst selbst das Haus am Münchner Odeonsplatz geleitet hat. Standfest sein, Mut zeigen gegenüber dem Regierungschef, ein Quantum an Schläue aufweisen. Füracker erfülle alle drei Voraussetzungen, findet Huber. Das sahen nicht alle so. Füracker ist gelernter Landwirt, die Schule hat er mit Mittlerer Reife verlassen. Im elitären Politikbetrieb, in dem ein Doktortitel immer noch als Qualitätsmerkmal gilt, muss so eine Vita kein Karrierebeschleuniger sein. Doch Zweifel an seiner fachlichen Eignung hat Füracker längst zerstreut. In kleinen Runden doziert er fehlerfrei über die Landesbank, im CSU-Parteivorstand spannte er zuletzt den großen Bogen in der Steuerpolitik, bundespolitisch setzt er mehr und mehr Akzente, etwa im Streit um die Grundsteuer.

Söder und Füracker schätzen sich

Söder schätzt an Füracker seine "hervorragende Kompetenz und Freundschaft" - zumindest Letzteres würde er nicht über viele Weggefährten sagen. Beide halten täglich Kontakt, manchmal mehrmals. Darin spiegelt sich einerseits das besondere Vertrauen und andererseits die Frage, wie unabhängig Füracker vom Regierungschef agiert. "Der Prozess der Abnabelung und Eigenprofilierung ist noch nicht abgeschlossen", sagt einer, der beide gut kennt. Wäre Füracker völlig frei in seinen Entscheidungen, wäre das Haushaltsvolumen vielleicht weniger stark gestiegen. Stattdessen musste er nicht nur Söders Wahlversprechen umsetzen, sondern auch die des neuen Regierungspartners Freie Wähler.

Um Fürackers Loyalität beneiden Söder sogar seine Gegner. Als auf dem Höhepunkt des Machtkampfs um die Nachfolge von Horst Seehofer im Landtag die Nachricht einschlug, Innenminister Joachim Herrmann erwäge ernsthaft eine Kampfkandidatur, wurde Söder von seinen Leuten schleunigst aus der Gefahrenzone entfernt. Füracker ging derweil schnurstracks auf Herrmann zu und raunte ihm etwas ins Ohr. Es ist nicht davon auszugehen, dass er ihm seine Unterstützung antrug. Und doch wird Füracker für seine Geradlinigkeit geschätzt. Er kämpfe stets mit offenem Visier und sei durch und durch kollegial.

Freundschaft auf den zweiten Blick

Hier der zurückhaltende Füracker, dort der ungeniert rempelnde Söder: Wie passt das? Die Älteren in der CSU erinnern sich noch an weniger einträchtige Zeiten. Als Söder 1995 zum Landeschef der Jungen Union gewählt wurde, standen die Oberpfälzer mit Füracker auf der gegnerischen Seite. Als Söders Stellvertreter an der JU-Spitze habe er dann aber gemerkt, wie "stark, kreativ und ideenreich" Söder sei, erinnert sich Füracker: "Es gibt keinen anderen mit dieser Energie." Es war Freundschaft auf den zweiten Blick. Endgültig zusammengefunden haben sie 2008 nach Fürackers Einzug in den Landtag, fünf Jahre später wurde er Söders Finanzstaatssekretär.

Vermutlich harmonieren beide auch deshalb, weil sie eine unterschiedliche Definition von Erfolg haben, wie sie etwa am Ausstoß von Pressemitteilungen abzulesen ist. Söder hielt nie viel davon, dass ein Amt zur Person kommen müsse; mindestens die Hälfte des Weges legte er gleich selbst zurück. Füracker dürfte sein Ziel bereits erreicht haben. Sollte er eines Tages Ministerpräsident oder Parteichef werden wollen, lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken. Egal ist ihm sein Image nicht. Nachdem er bei seiner Anzapf-Premiere beim Maibock neun Schläge gebraucht hatte, flüchtete er dieses Jahr freiwillig in die Selbstironie. "Mal sehen, ob diesmal nach dem Anzapfen noch genügend Bier da ist", sagte er.

Füracker wird oft unterschätzt

Die Erwartungen nach unten schrauben, um sie dann zu übertreffen, so könnte es auch jetzt beim Haushalt sein. Die Rücklagen dürften nach den jüngsten Steuerschätzungen weniger schrumpfen als zunächst angenommen. Er fühle sich durch die neuen Zahlen bestätigt, sagt Füracker auch mit Blick auf die Opposition. Der Albert sei bescheiden, wolle seine Arbeit aber durchaus gewürdigt wissen, berichten Parteifreunde. Er pflege das "selbstbewusste Understatement" eines Landwirts.

Als Füracker als frischer Abgeordneter öfter zur Regierungsbank rannte, hielt der SPD-Haushaltssprecher Harald Güller ihn für einen arroganten Gschaftlhuber. Jetzt sagt Güller, Füracker habe sich in die Materie "stark eingearbeitet" und trete sehr verbindlich auf - anders als Söder, der nur freundlich gewesen sei, wenn er etwas gebraucht habe. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann fordert Füracker auf, "nicht nur den treuen Erfüllungsgehilfen seines früheren und heutigen Chefs Söder zu mimen, sondern auf einen soliden und zukunftssicheren Haushalt zu pochen. Er muss sich freischwimmen". CSU-Leute sagen, Fürackers Schicksalsjahre als Hüter der Finanzen stünden ihm erst noch bevor. Man solle sich aber nicht täuschen: Der Minister werde immer noch unterschätzt.

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