Radiomarkt:Außenseiter

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Gegenentwurf zum Gute-Laune-Terror: Max und Sandra moderieren. (Foto: Ego FM)

Statt dem Privatriesen Antenne Bayern übernimmt nun ein Investor den Jugendsender EgoFM.

Von Susanne Hermanski

Das Ringen um die Zukunft des Privatradiosenders Ego FM ist entschieden: Studio Gong, das über die Betreiberfirma Radioblut GmbH rund 50 Prozent an Ego FM hielt, hat seine Anteile an Konrad Schwingenstein verkauft. Und nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, an Antenne Bayern. Im Dickicht der Eigentumsverhältnisse von Bayerns Privatradioszene kommt damit ein Außenseiter zum Zug. Schwingenstein, der bereits ein knappes Drittel der Anteile hielt, besitzt nun mehr als 80 Prozent. Als Geschäftsführer des Münchner Independentsenders löste er Gründer Philipp von Martius ab, seit vergangener Woche teilt er sich die Position mit dem Finanzexperten Christian Strohmeier.

Die beiden wollen den im Jahr 2008 gestarteten Sender "in seinem Wesen so belassen, wie er konzipiert war: als Gegenentwurf zum Gute-Laune-Terror, mit dem die meisten anderen Sender ihre Hörer überziehen", sagt Konrad Schwingenstein. Respekt vor dem mündigen Hörer sei ihr oberstes Gebot, "wissend, dass unsere Zielgruppe überschaubar ist". Ego FM sendet derzeit in München, in sechs weiteren bayerischen Groß- und Universitätsstädten und in Stuttgart über UKW. Schwingenstein würde gern kurzfristig über Bayern und Baden-Württemberg hinaus senden.

Der neue Chef war Mitgesellschafter des Süddeutschen Verlags und investierte danach in verschiedene Digitalplattformen und in Ego FM. Schwingenstein kam nun zum Zug, weil die Bayerische Landesmedienanstalt (BLM) die Unbedenklichkeit des Verkaufs an Antenne Bayern nicht bestätigen konnte. Vorausgegangen waren heftige Auseinandersetzungen. Unter anderem hatte der Verband Bayerischer Lokalrundfunk (VBL) Alarm geschlagen. Ein Gutachten sah nicht nur die Vielfalt der Meinungen, sondern auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der bayerischen Lokalradios insgesamt bedroht. Ferner kämpfte die private Initiative "Volle Bandbreite" für eine Medienlandschaft, "in der auch kleinere, konzernunabhängige Radiosender ihre Nische finden und schützen können".

Hinter den Kulissen kam auch Gegenwind von Bayerns öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalt. Der BR hat mit Puls in seiner Senderfamilie ein Konkurrenzprodukt zu Ego FM. Jedoch verfügt Puls über keine eigene UKW-Frequenz und ist nur digital zu empfangen. Hätte Antenne Bayern, der wichtigste Konkurrent unter den Privaten, durch die Übernahme von Ego FM sein Portfolio derart interessant abrunden können, wäre das gegenüber Werbekunden für den BR von Nachteil gewesen.

Ob Schwingenstein daraus Nutzen ziehen kann, wird sich zeigen. Bislang arbeitet Ego FM defizitär. Helmut Markwort, ehemaliger Focus-Chef und seit dieser Legislaturperiode für die FDP im Bayerischen Landtag, hält über ihm zuzuordnende GmbHs Anteile an Studio Gong wie auch an Antenne Bayern und hatte eine Übernahme von Ego FM durch Antenne Bayern befürwortet. Im Deutschlandfunk wünschte er Schwingenstein bereits "viel Erfolg" und sagte: "Ich glaube nicht, dass er Ego FM gekauft hat, um Verluste zu perpetuieren, sondern dass er was draus machen will."

© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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