Öffentlicher Nahverkehr:Innsbruck sperrt Downhill-Mountainbiker aus

New Zealand MTB Downhill Cup - Round 1

Dem möglichst schnellen, möglichst "flowigen" Bergabfahren widmen Downhiller ihr Hauptaugenmerk.

(Foto: Getty Images)
  • Wer ist ein Downhiller? Und wer ist nur ein gewöhnlicher Radler? Eine Frage, die in Innsbruck derzeit für Streit sorgt.
  • Grund ist, dass die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe der Stadt und die Hungerburgbahn die Mitnahme von Downhill-Rädern bis auf weiteres verboten haben.
  • In der jüngsten Eskalations des Konflikts, der schon länger schwelt, sehen sich die Action-Radsportler zu unrecht in Sippenhaft genommen.

Von Dominik Prantl, Innsbruck

Aus der Perspektive des Durchschnittsmenschen ist der sogenannte Downhiller eine durchaus merkwürdige Unterart des Radfahrers. In seiner Freizeit setzt er sich einen Integralhelm auf, panzert sich mit einer Menge Protektoren und fährt mit einem bestens gefederten Mountainbike auf den Berg. Dann brettert er derart verkleidet auf seinem Zweirad über schmale Pfade (Fachsprache: Trails) talwärts, um über allerlei Gefahrenquellen aus Wurzeln, Geröll oder Haarnadelkurven rumpelnd einen Glückszustand zu erreichen, den er selbstverständlich flow nennt. Nur: Wie unterscheidet man eigentlich ein Downhillrad genau von einem klassischen Mountainbike? Und wann gilt ein Radfahrer als Downhiller?

Diese Fragen beschäftigen in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck seit einiger Zeit Stadtpolitiker, Tourismusverantwortliche und Angestellte der örtlichen Verkehrsbetriebe (IVB). Denn mehrere Betreiber öffentlicher Verkehrmittel haben bis auf weiteres die Mitnahme von Downhillrädern - und zwar nur diesen - in ihren Fahrzeugen verboten. Lokale Medien und Webseiten berichten bereits vom "Downhill-Gate und "Downhill-Bashing". Was von außen betrachtet nach Komödienstadel klingt, ist für die Betroffenen bitterer Ernst. Als Auslöser des Streits gilt gemeinhin ein Vorfall in der Hungerburgbahn, die das Stadtzentrum mit dem direkt angrenzenden Bergmassiv namens Nordkette verbindet. Nachdem ein Mitarbeiter der Hungerburgbahn im April einem Downhiller und dessen Zweirad aus Platzgründen die Mitnahme verweigerte, sei es nach Darstellung der Bahnbetreiber zu Handgreiflichkeiten gekommen. Der Angestellte habe anschließend sogar ein Krankenhaus aufsuchen müssen. Daraufhin verhängte die Bahn für den Monat Mai eine Sperre für sämtliche Downhiller.

Einführung der Sippenhaft

Die IVB hatten sich schon im vergangenen Sommer zu diesem Schritt entschieden. Zwar wird auf den für Sportler wichtigen Berg-Linien weiterhin jedes Rad auf den Trägern am Heck der Busse mitgenommen. Doch generell gilt: Die Bergab-Radler, deren Sportgeräte für längere Aufwärtsfahrten zu schwer sind, kommen zum Start in die Saison öffentlich kaum mehr den Berg hoch. Die plötzliche Wiedereinführung der Sippenhaft bedeutet allerdings nur die Eskalation eines seit längerem schwelenden Konflikts. "Hätten sie sich an die Spielregeln gehalten, wäre das nicht passiert", meint IVB-Geschäftsführer Martin Baltes. Für ihn gehe es darum, dass "keine gefährlichen Situationen entstehen". Zu häufig hätten sich ganze Gruppen an Downhillern an neuralgischen Punkten in die engen Busse gezwängt, manchmal mit schlammverschmierten Rädern. Auch hätten manche Downhiller die - für den Radtransport kostenlosen - öffentlichen Verkehrsmittel genutzt, um Regionen wie den Paschberg zu befahren. Dort sind allerdings keine offiziellen Strecken für ihren Sport ausgewiesen.

Deshalb habe jeder Busfahrer ein Bild erhalten, um erkennen zu können, was unter einem Downhillrad zu verstehen ist. Unabhängig davon, ob es zu den Grundrechten zu zählen ist, durch einen Bergwald bergab rasen zu dürfen, gelten die Downhiller in der öffentlichen Wahrnehmung tatsächlich eher nicht als die rücksichtsvollste Spezies unter den Bergsportlern.

Täglich bis zu 500 Downhiller

Die Trail-Aficionados wiederum fühlen sich generell ein wenig vernachlässigt, weil ihrer Ansicht nach zu wenige Strecken rund um die Stadt ausgewiesen werden. Dabei vermarktet sich das von einem grünen Bürgermeister geführte Innsbruck nach außen hin offensiv als "Bike City" und wirbt als Tourismusdestination bewusst mit den umliegenden Downhill-Trails und Bikeparks. Alleine die Hungerburgbahn transportiert nach Angaben der Betreiber täglich inzwischen bis zu 500 Downhiller in Richtung Nordkette. Die dortigen Trails können wegen der Südlage auch nach schneereichen Wintern wie dem vergangenen besonders früh im Jahr und von entsprechend vielen Radlern genutzt werden. Dafür ist die Zubringer-Bahn allerdings nicht ausgelegt. Stadt und Tourismus werden damit auch langsam zum Opfer des eigenen Erfolges.

Inzwischen arbeiten sämtliche Betroffenen an einer möglichst schnellen Lösung. Dabei, so ist aus der Bikeszene zu hören, soll der Radweg am Inn eigentlich auch ganz schön sein.

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