Eurovision Song Contest:Auf den Spuren der Balkan-Connection

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Welche Länder stimmen häufig für- oder gegeneinander? In Tel Aviv, wo in diesem Jahr der ESC ausgerichtet wird, wird das erneut heiß diskutiert. (Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Welche Länder spielen sich beim ESC die Punkte zu? Und wie schwer wiegen die Stimmen deutscher Spanien-Urlauber? Ein Blick in die Daten des Eurovision Song Contests.

Von Quentin Lichtblau, Benedict Witzenberger und Moritz Zajonz

Der Vorwurf, es handele sich bei der Punktevergabe des ESC um ein abgekartetes Spiel, ist fast so alt wie der Gesangswettbewerb selbst. Aber rufen tatsächlich so viele Touristen in Spanien für Deutschland an? Schieben sich die Balkanländer gegenseitig die Punkte zu? Lassen sich an der Verteilung der Punkte alte und neue Feindschaften ablesen? Und welcher der der fünf gesetzten ESC-Teilnehmer war über die Jahrzehnte hinweg am erfolgreichsten? Die SZ hat einen Blick in die Daten aus 63 Jahren ESC-Geschichte geworfen.

Die Balkan-Connection

Eine Region, die Peter Urban bei der Punktevergabe regelmäßig ein "Das war klar" entlockt, ist der Balkan. Es gilt als ausgemacht, dass sich die Länder Südosteuropas gegenseitig großzügig mit Punkten bedenken. Dass das in der Geschichte des ESC tatsächlich fast immer der Fall war, belegen auch die Daten: Die durchschnittliche Punktzahl der Balkanstaaten untereinander liegt verlässlich über dem Gesamtdurchschnitt. Vor allem Serbien profitiert hier - von den anderen Balkanstaaten erhält es im Schnitt sechs Punkte mehr als von den restlichen Teilnehmern.

Die Baltikum-Connection

Weniger eindeutig sieht es bei den baltischen Staaten aus: Der Mittelwert der zwischen Litauen, Lettland, Estland und deren Nachbarn Schweden und Finnland verteilten Punkte liegt zwar höher als der Mittelwert der Punkte, die von allen Teilnehmerländern ins Baltikum geschickt werden - ganz so auffällig wie bei den Ländern Ex-Jugoslawiens ist das allerdings nicht.

Die "Mallorca-Connection"

Die Daten zeigen, dass Deutschland über die Jahre unverhältnismäßig viele Punkte aus Spanien erhalten hat. Dass die Spanier einfach wahnsinnig germanophil sind, ist eher unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist hingegen die These, dass deutsche Spanien-Urlauber für die auffällig hohen Punktzahlen verantwortlich sind - man könnte es also liebevoll "Mallorca-Connection" nennen.

Deutsch-türkische Stimmen für die Türkei

Dass Deutschlands türkischstämmige Community der Türkei beim ESC die Treue hält, ist ein offenes Geheimnis. Auch das belegen die Daten. Die weiteren Plätze auf der deutschen Zuneigungsskala sind mit Georgien, Tschechien und der Ukraine aber eher überraschend.

Transnationale Konflikte

Spiegeln sich alte und neue Feindschaften zwischen einzelnen Nationen auch in der Punktevergabe wider? Zwischen Griechenland und der Türkei ist das ansatzweise der Fall: Im Schnitt geben sie sich gegenseitig weniger Punkte als anderen Nationen.

Drastischer ist die Lage zwischen Armenien und Aserbaidschan, deren Dauerkonflikt um die Region Berg-Karabach noch kein Ende zu haben scheint: Von Aserbaidschan ging nie auch nur ein einziger Punkt nach Armenien. Armenien wiederum würdigte den Nachbarn zwei Mal: ein Mal mit einem Punkt, ein Mal mit zwei.

Im zentraleren Europa könnte man seit den Brexit-Verwirrungen Feindseligkeiten zwischen Irland und Großbritannien vermuten. Diese bestätigen sich ESC-punktemäßig allerdings nicht.

Punktzahlen der "Big Five" im historischen Vergleich

Zum Abschluss noch ein Blick auf die fünf gesetzten Teilnehmer, die sich für das Finale des ESC nicht qualifizieren müssen: Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien. Wer hat über die Jahrzehnte hinweg am besten abgeschnitten? Die Auswertung zeigt hier ein wechselhaftes Bild - und eine beeindruckende italienische Erfolgssträhne in den Zehnerjahren.

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