Streit um Rüstungsexporte:Bremer Lürssen-Werft verklagt Bundesregierung

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Patrouillenboote für Saudi-Arabien liegen auf dem Werftgelände der zur Lürssen-Werftengruppe gehörenden Peene-Werft. (Foto: dpa)
  • Die Bremer Lürssen-Werft erhebt Klage gegen die Bundesregierung vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Es geht um Schadensersatzforderungen.
  • Saudi-Arabien hat 35 Patrouillenboote bei dem Unternehmen bestellt. Wegen des Rüstungsexportstopps kann die Werft ihren Lieferverpflichtungen nicht nachkommen.
  • Ende März hatte die Bundesregierung den Ausfuhrstopp für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien um weitere sechs Monate verlängert.

Von Mike Szymanski, Berlin, und Reiko Pinkert, Berlin

Im Streit um das Rüstungsexportverbot für Saudi-Arabien zieht die Bremer Lürssen-Werft gegen die Bundesregierung vor Gericht. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und NDR hat das Unternehmen, das einen Großauftrag über Patrouillenboote für Saudi-Arabien abarbeitet, jetzt Klage vor der 4. Kammer des Berliner Verwaltungsgericht erhoben. Es geht um ein Eil-Verfahren.

Am Produktionsstandort in Wolgast liegen mindestens sechs fertige Boote zur Auslieferung bereit. Wegen des Exportstopps kann Lürssen aber seinen Lieferverpflichtungen nicht nachkommen und hat die Serienproduktion gestoppt. Der Auftrag umfasst insgesamt um die 35 Boote, 15 davon hat Saudi-Arabien bereits erhalten.

Auf eine Bitte der Linken-Abgeordneten Heidrun Bluhm um einen Bericht hat das Finanzministerium die Klage eingeräumt. Weiter heißt es: Schadensersatzforderungen würden "gegebenenfalls aus dem Bundeshaushalt getragen." Das für Rüstungsexporte federführende Wirtschaftsministerium erklärte, "Einzelfallentscheidungen" würden grundsätzlich nicht kommentiert, das betreffe auch etwaige Verfahren dazu. Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage nicht weiter zu dem Vorgang äußern, betonte jedoch: "Wir sind darum bemüht, in gemeinsamer Abstimmung mit der Bundesregierung sowie den weiteren Beteiligten eine Lösung zu finden."

Das Gericht bestätigte den Eingang der Klage. Ein Sprecher sagte zu Süddeutscher Zeitung und NDR, binnen zwei Wochen solle es einen Erörterungstermin geben. Dieser diene dem Zweck, die Möglichkeit eines Vergleichs auszuloten. Dem Vernehmen nach ist innerhalb der Regierung das Wirtschaftsministerium zu einer Stellungnahme aufgefordert worden.

Ende März hatte die Bundesregierung den Ausfuhrstopp für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien um weitere sechs Monate verlängert. Für diesen Zeitraum würden grundsätzlich auch keine Neuanträge genehmigt. Damals hatte die große Koalition der Wolgaster Peene-Werft, die zu Lürssen gehört, aber auch Hilfe in Aussicht gestellt. Seitens der SPD war immer wieder vorgeschlagen worden, andere Abnehmer für die bereits fertigen Boote zu finden, etwa die Marine. Jedoch ist eine Entscheidung darüber in der Bundesregierung noch nicht gefallen, wie aus dem Bericht weiter hervorgeht.

SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich, einer der Architekten der restriktiven Rüstungsexportpolitik, zeigte sich überrascht vom Vorstoß des Unternehmens: "Es bleibt der Firma Lürssen überlassen, auch den Rechtsweg zu beschreiten. Gleichwohl erschwert es denjenigen die Arbeit, die derzeit andere Möglichkeiten prüfen", sagte er am Freitag.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Bluhm sieht in der Klage ein "finanzielles Risiko für den Bund". Wichtig sei eine Umwandlung der Rüstungsindustrie hin zu zivilen Produkten: "Es kann nicht sein, dass so viele Arbeitsplätze bedroht sind, nur weil die Bundesregierung das richtige tut: nämlich Rüstungsexporte in Krisengebiete zu verbieten."

Saudi-Arabien führt eine Militärallianz an, die in Jemen gegen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Der Krieg hat weltweit zu einer der schlimmsten Katastrophen für die Bevölkerung geführt. Es herrscht größte Not. Die Bundesregierung hatte im November die Tötung des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Anlass genommen, die Rüstungsgeschäfte gänzlich zu unterbinden.

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