Sprachlabor:Lichtjahre

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Weltberühmt zu sein in einem einzigen Land ist eine Sache. Aber wer weiß schon, wie viel ein Lichtjahr ist?

Von Hermann Unterstöger

FREUDE UND ÄRGER löste die Anmerkung aus, Greta Thunbergs Mutter sei "in Schweden weltberühmt". Was die Leser einte, ist der Umstand, dass ihnen die paradoxe Formulierung nicht geläufig war, ja dass sie diese für einen ad hoc erdachten Gag zu halten schienen. Dabei hat die Wendung, in der die Kleinheit der Verhältnisse und die vermeintliche Wichtigkeit der darin Lebenden nicht unwitzig aufeinandertreffen, schon etliche Jahre auf dem Buckel. Ihre Geburt lässt sich mit den Mitteln dieser Kolumne nicht eruieren, aber man kann festhalten, dass in dieser Zeitung, der laut Leser R. "in ganz Deutschland weltberühmten Süddeutschen", schon im Oktober 1990 von Betonfertigplatten die Rede war, "die in Berlin weltberühmt wurden". In der Regel dient die Formulierung der eher hämischen Kritik. So wurde einem Lokal in Sinthern einmal nachgesagt, die dort verkehrenden Landeier hielten dessen dürftiges Angebot für ganz großes Kino. Darüber stand: "In Sinthern weltberühmt."

DASS DAS LICHTJAHR nicht etwa ein besonders gut beleuchtetes Jahr ist, sondern mit seinen 9 460 730 472 580,8 km ein Längenmaß für besonders weite Entfernungen, wird im Alltag, auch in dem der Presse, oft vergessen. Nun sieht sich unser Leser G. genötigt, einer sehr ähnlichen Verwechslung Einhalt zu tun: der von Ionen und Äonen. Die Schriftstellerin Sibylle Berg wurde bei uns mit Eingebungen zitiert, die "Banane sind, weil sie andere schon Ionen vor dir hatten". War das ein Hörfehler der Interviewerin? Wenn nicht, stünde Frau Berg in der Nachfolge Doktor Fausts. Sagt nicht auch er, dass die Spur von seinen Erdetagen "nicht in Ionen untergehn" könne?

AUF TIERFRIEDHÖFEN herrschen eigene Sitten, auch sprachlich, wie Leserin E. findet. Berichtet wurde, wie eine Frau von ihrem Kater Abschied nimmt. Dann nickt sie. "Der Sarg kann jetzt zu", protokollierte unser Reporter. Leider kam ihm dabei, wohl vor lauter Ergriffenheit, das Verb ab.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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