BBL-Playoffs:Veritabler Spaßverderber

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Die Basketballer des FC Bayern besiegen respektvolle Löwen trotz schwacher Leistung sicher und führen 1:0 im Viertelfinale. Am Freitag in Braunschweig rechnet sich selbst der Gastgeber wenig aus.

Von Ralf Tögel, München

Fußball? War im Audi Dome kaum Thema. In der Halbzeit entsandte der Hallensprecher des FC Bayern München ein paar Grüße gen Nockherberg, das war's. An jene Abteilung, die gerade das erreicht hatte, was die Basketballer tunlichst nachmachen wollen: die deutsche Meisterschaft gewinnen. Der erste Schritt dafür ist getan, am späten Samstagabend ging die Mannschaft von Trainer Dejan Radonjic als Sieger vom Parkett, führt in der Best-of-five-Serie des Playoff-Viertelfinales mit 1:0, alles wie erwartet. Alles gut also? Nicht so ganz, denn der 70:59-Sieg gegen die Löwen Braunschweig geriet arg holprig, gegen ein Team, das nur kämpferisch mithalten kann, woran Braunschweigs Trainer Frank Menz nur zu gerne erinnerte, als er aufzählte, worin seine Spieler dem Gegner unterlegen seien. "Sie sind athletischer, größer, haben mehr Erfahrung", vielleicht sei man das Spiel mit etwas zu viel Demut angegangen: "Wir haben viel liegen lassen, hatten sehr viel Respekt."

Nicht zu Unrecht, die Bayern spielten die Niedersachsen in den ersten Minuten ja auch an die Wand. 12:0 lag der Favorit in Führung, obwohl er schon da gute Möglichkeiten hatte liegen lassen. Als dann dreieinhalb Minuten vor dem Ende des ersten Viertels Derrick Williams und Stefan Jovic aufs Feld kamen und sich mit einem No-Look-Pass des Serben in den Lauf des Amerikaners einführten, den Williams per Dunk zum 19:6 in den Korb hämmerte, da glaubte keiner der knapp 5500 Zuschauer, dass dieser Gegner die Münchner noch würde gefährden können. Konnte er auch nicht, ärgern aber schon, denn die Niedersachsen entpuppten sich als veritabler Spaßverderber. Nach dem furiosen Beginn kam den Münchnern zusehends der Spielfluss abhanden, die Hochgelobten verzettelten sich in Einzelaktionen, die zwar immer wieder sehenswert waren, vor allem NBA-Import Williams bot dem Publikum ein paar seiner Kunststückchen dar, doch in Gänze blieb der Auftritt des Titelverteidigers weit hinter den Erwartungen zurück. Vor allem das Mannschaftsspiel ließ zu wünschen übrig, Pässe flogen ins Leere, die Wurfuhr lief mehrmals ab, einfache Korbleger wurden vergeben, schlechte Würfe genommen. "Wir wollten ihnen den Spaß am Spiel nehmen", erklärte Menz seinen Matchplan, das ist seinen Spielern gelungen.

Mehr nicht, denn egal, wie fehlerhaft die Aktionen der Bayern gerieten, die Gäste konnten keinen Nutzen daraus ziehen. Was zum einen daran lag, dass die Münchner Defensive das einzige war, was bei ihnen an diesem Abend über die meiste Spielzeit funktionierte, immer wieder gerieten die Löwen angesichts giftig verteidigender Bayern in Zeitnot, immer wieder erkämpften sich die FCB-Akteure Bälle. Weshalb die Braunschweiger allzu oft wie die Maus vor der Schlange wirkten, eine Trefferquote von 25 Prozent zur Halbzeit sagt alles über die Qualität der Braunschweiger Abschlüsse. In diesem Bereich bewegte sich in etwa das abgerufene Leistungspotenzial von Spielmacher Jovic, der wie Petteri Koponen nicht ansatzweise seine großartigen Möglichkeiten auszuschöpfen wusste. Die Münchner fremdeln offenbar noch mit dem neuen Rhythmus, die ungewöhnlich üppige spielfreie Zeit nutzt Trainer Radonjic für knüppelhartes Üben, wie die Spieler immer wieder erwähnen. Vielleicht steckten dem ein oder anderen Akteur diese Anstrengungen in den Knochen, jedenfalls erkannten die Gäste, dass die Übermacht des Titelverteidigers an diesem Abend nicht so erdrückend war wie erwartet.

Braunschweig kam besser ins Spiel, was zuvorderst an ihrem beste Angreifer DeAndre Lansdowne und Shaquille Hines lag, die zusammen 35 Punkte erzielten - mehr als die Hälfte der gesamten Löwen-Punkte. Die Münchner hielten den Außenseiter bis zur Halbzeit bei deprimierenden 19 Zählerchen, so viele gelangen den Gästen dann aber allein im dritten Viertel. Und es kam noch ärger aus Sicht des Meisters, der den letzten Durchgang mit 16:21 abgab, zwischenzeitlich schrumpfte Braunschweig den Rückstand gar mit einem 13:0-Lauf auf sieben Punkte (57:64, 38. Minute) - und wer weiß, was passiert wäre, hatte der anschließende Dreier von Braunschweigs Christian Sengfelder ins Ziel gefunden.

Selbst NBA-Star Dennis Schröder, der als Mehrheitseigner seines Heimatklubs in der Halle war, sprang in diesem Moment von seinem Sitz in der ersten Reihe auf, er konnte sich aber schnell wieder setzen. Denn ernsthaft geriet der Sieg der Bayern nicht in Gefahr, dafür haben die Spieler einfach zu viel Qualität. Man darf diese Partie allerdings sehr wohl als Hinweis werten, dass für bessere Gegner eine bessere Leistung vonnöten sein wird.

Eine solche erwarten die Beteiligten schon in der kommenden Partie am Freitag (20.30 Uhr) in Braunschweig, das Spiel wurde wegen der belegten Halle von Mittwoch verschoben - mit generöser Zustimmung der Bayern. Löwen-Trainer Frank Menz ging jedenfalls schon mal verbal in Deckung. Als er angesichts der guten Leistung auf die Chancen in Partie zwei angesprochen wurde, outete er sich und die Seinen zunächst als Bayern-Fans: "Wir schauen fast alle Spiele des FC Bayern, um uns an diesem hohen Niveau zu orientieren." Am Freitag gedenke man, erneut "reinzuhauen, was geht", um dem Gegner die Spielfreude zu nehmen, "und uns nicht zu sehr fertigmachen zu lassen".

Zuversicht klingt anders. Immerhin hatten die Braunschweiger den Gastgebern die Laune verdorben, Trainer Radonjic war sichtlich bedient, lediglich der Saisonbestwert von 41 Rebounds sowie die Abwehrleistung in Halbzeit eins wollten ihm gefallen. Die Spieler stapften ebenfalls missmutig von dannen, Kapitän Danilo Barthel wollte das Spiel mit keinem Wort kommentieren. Nur Maodo Lo war gesprächsbereit, er wies den Verdacht, man habe den Gegner unterschätzt, von sich. "Wir haben gut angefangen, aber irgendwie nicht zusammengefunden." Er erinnerte noch an die lange Pause nach der Niederlage in Bonn und das harte Training der vergangenen Wochen, als Ausrede ließ er nichts davon gelten. Und dann fiel ihm noch etwas ein, etwas nicht Unerhebliches: "Wir haben das Spiel doch gewonnen, oder nicht?"

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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