Verkehr in München:"Zu wenig und zu langsam"

Baustelle Sendlinger Straße, Bauarbeiten zum Umbau zur Fußgängerzone

Stein an Stein, Stein an Stein, der Umbau wird bald fertig sein: fleißige Handwerker in der Sendlinger Straße.

(Foto: Florian Peljak)
  • SPD und Grüne sind von dem Konzept für die autofreie Altstadt enttäuscht. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nennt sie "nicht wirklich vor Mut strotzend".
  • Es sieht unter anderem Fußgängerzonen und neue Parkregeln vor.
  • Die Ideen für einen Radlring sollen bis 2020 geprüft werden.

Von Dominik Hutter

Das Konzept des Planungsreferats für die autofreie Altstadt hat bei SPD und Grünen Enttäuschung ausgelöst. Die Haltung von Stadtbaurätin Elisabeth Merk weise ja in die richtige Richtung, sei aber "immer noch von Bedenkenträgerei geprägt", findet Grünen-Fraktionschef Florian Roth. Gefragt seien "mutige Entscheidungen, nicht ängstliche Endlos-Prüfschleifen". Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nennt die Vorschläge der Verwaltung, die am Mittwoch im Planungsausschuss des Stadtrats diskutiert werden, "nicht wirklich vor Mut strotzend".

Ein paar Sofortmaßnahmen wären sicherlich kein Fehler gewesen, so Reiter, "mir ist das zu wenig und zu langsam". Der große visionäre Wurf liege leider nicht vor, und das sei leider allein mit Änderungsanträgen nicht zu heilen. Die Stadtratsfraktionen von SPD und Grünen wollen trotzdem am Mittwoch ein paar Verbesserungen in das Konzept hineinschreiben.

Die autofreie Altstadt, von den Grünen seit vielen Jahren gefordert, zählt zu den wichtigen Verkehrsthemen, die Reiter im letzten Jahr der laufenden Amtsperiode erklärtermaßen forcieren will. Das Planungsreferat hat über mehrere Monate hinweg einen Grundsatzbeschluss dafür ausgearbeitet, der zwar zahlreiche Perspektiven für weniger Autoverkehr beinhaltet. Vieles davon müsse aber erst geprüft werden - Merk will sich daher vom Stadtrat vor allem den Auftrag für weitere, tiefergehende Untersuchungen geben lassen. Ihr Konzept sieht, nach einer Prüfungsphase, mehrere neue Fußgängerzonen vor.

Prinzipiell soll die Zufahrt per Auto in die Innenstadt weiterhin möglich sein. Als ersten Schritt schlägt das Planungsreferat strengere Regeln fürs Bordsteinparken und höhere Parkgebühren vor. In einer zweiten Stufe könnten dann alle Altstadt-Parkplätze für Anwohner reserviert werden, Einkäufer müssten auf die Parkhäuser ausweichen. Komplett wegfallen würden die Stellflächen erst in einem darauf folgenden Schritt.

Im Detail unter die Lupe nehmen will die Stadtbaurätin auch den Altstadt-Radlring, der Bestandteil des aktuellen Radl-Bürgerbegehrens ist, und den Boulevard Sonnenstraße. Dieser jahrzehntealte Verkehrsberuhigungsplan sieht großzügige Bereiche für Fußgänger anstelle der heutigen Fahrspuren vor. Und möglicherweise könnte man auch einen Stadtbach an die Oberfläche holen.

Die Grünen wollen das Ganze mit Änderungsanträgen beschleunigen - seit die Bündnispartner SPD und CSU bei zahlreichen Verkehrsfragen getrennt abstimmen, existiert in Zusammenarbeit mit der Opposition eine nun schon mehrfach erprobte Stadtratsmehrheit für eine entschlossenere Verkehrswende. Nach Auskunft Roths sollen in der Diener- und Maximilianstraße schon in diesem Jahr die Parkplätze allein für Anwohner reserviert werden. Zudem könnte die Zufahrt ins Tal und in die Dienerstraße auf Anwohner beschränkt werden. In der Westenriederstraße soll im Sommer eine temporäre Fußgängerzone ausgewiesen werden.

Den Grünen ist zudem wichtig, dass es mit dem Altstadt-Radlring vorangeht, sie wollen daher den Text des entsprechenden Bürgerbegehrens zur Abstimmung stellen. Dann könnte die Politik Farbe bekennen. Zwar hat der Stadtrat bereits Machbarkeitsstudien für sechs Fahrradschnellwege beschlossen, darunter auch ein zentraler Ring. Bislang liege für den Ring aber noch kein "Potenzialkorridor" vor, so das Planungsreferat in seiner Antwort auf eine SPD-Anfrage vom März. Erst 2020 werde ein Ergebnis erwartet.

Zwar hätte sich auch Reiter ein ehrgeizigeres Vorgehen bei der autofreien Altstadt gewünscht. Die Kritik der Grünen sei dennoch unangebracht. Für die Realisierung der autofreien Altstadt habe die Partei in der damaligen rot-grünen Koalition 20 Jahre Zeit gehabt. "Wer 20 Jahre lang keinen Mumm hatte, soll anderen keine Vorwürfe machen." Die Gelegenheit, einen Radschnellweg zu bauen, hätten die Grünen längst gehabt.

Reiter vermisst konkrete Ideen für markante Orte wie den Max-Joseph-Platz, einen großräumigen Blick auf das Verkehrsgeschehen nicht nur in der Altstadt selbst, Vorschläge für die Bewältigung des Lieferverkehrs - kurz: eine Gesamtschau über Auswirkungen und Chancen einer autofreien Altstadt. Der SPD-Politiker fühlt sich daher bestätigt, im Falle seiner Wiederwahl 2020 ein Verkehrsreferat zu schaffen. Diese Kompetenz ist derzeit auf mehrere kommunale Referate verteilt.

Auch die SPD-Fraktion wünscht sich mehr. So solle geprüft werden, die Herzog-Wilhelm-Straße zur Fußgängerzone zu machen, berichtet Stadtrat Jens Röver. Zur autofreien Altstadt solle ein Stadtrats-Hearing veranstaltet werden. Und an der nahen Isarparallele will die SPD das gleiche wie auf der Ludwigsbrücke: Zwei Fahrspuren sollen wegfallen.

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