Katalonien:Ein Rückzug in Ehren

Es gilt nun, den Separatisten im Madrider Parlament Brücken zu bauen.

Von Thomas Urban

Nicht nur in der Geschichte Spaniens, auch in den anderen EU-Ländern hat es dies noch nicht gegeben: Gleich fünf Abgeordnete werden von bewaffneten Polizisten aus dem Gefängnis zur Eröffnung des neuen Parlaments gebracht. Es sind katalanische Separatisten, denen derzeit in Madrid wegen Rebellion der Prozess gemacht wird. Es wäre nun ein Leichtes für die anderen Abgeordneten, die Immunität der fünf Störenfriede aufzuheben, sodass diese ganz schnell wieder hinter Gitter kämen. Die fünf haben gegen die Verfassung verstoßen, kein Staat der Welt kann dies ignorieren.

Doch würde eine harte Abfuhr für die Katalanen das Problem nicht lösen, im Gegenteil: Die junge Generation in der Region würde sich weiter radikalisieren, Streiks würden der Wirtschaft ganz Spaniens schaden; abgesehen davon, dass fast die Hälfte der Einwohner Kataloniens, die für die Separatisten gestimmt hat, auf diese Weise gedemütigt würde.

Es ist also zu hoffen, dass die Anträge auf Aufhebung der Mandate der fünf Katalanen keine Mehrheit finden. Vielmehr sollten sie in die Parlamentsarbeit eingebunden werden. Auf diese Weise könnte auch deren Anhängern eine Brücke nach Madrid gebaut werden. Nur im Dialog lässt sich der Konflikt lösen. Dazu gehört, den Separatisten einen Rückzug in Ehren zu erlauben.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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