Folge des Klimawandels:Zugvögel bleiben lieber hier

Folge des Klimawandels: Die Störche im Horst auf dem alten Kamin des Gasthauses Pfanzelt in Langengeisling fliegen noch jedes Jahr in wärmere Gefilde. Viele andere Vogelarten überwintern aber im Landkreis.

Die Störche im Horst auf dem alten Kamin des Gasthauses Pfanzelt in Langengeisling fliegen noch jedes Jahr in wärmere Gefilde. Viele andere Vogelarten überwintern aber im Landkreis.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Vorsitzende vom Erdinger Landesbund für Vogelschutz rechnet mit immer mehr Exemplaren, die im Landkreis überwintern. Zugleich werden zunehmend Arten aus südlichen Regionen gesichtet, zum Beispiel die Uferschwalbe

Von Sophia Belliveau, Erding

Lautes Vogelgezwitscher war lange Zeit über ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Winter vorbei ist und man sich auf wärmere Temperaturen freuen kann. Das könnte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern: Immer mehr Zugvögel fliegen während der kalten Jahreszeit nicht mehr in den Süden, sondern bleiben unter anderem aufgrund der milder werdenden Winter das ganze Jahr über hier. Zu diesen Arten gehören laut der Vorsitzenden des Erdinger Landesbundes für Vogelschutz (LBV), Ursula Schmidt-Hoensdorf, Rotkehlchen - hauptsächlich Männchen - Drosseln und Stare. Von den Vögeln, die noch ziehen, sind nun auch alle seit ungefähr Ende April wieder in den Landkreis Erding zurückgekehrt.

Auch die drei Horste im Landkreis sind seit Mitte Januar wieder von brütenden Störchen besetzt. Zusammen mit kleineren Zugvögeln wie Staren und Drosseln sind die Störche mit die ersten Vögel, die aus den wärmeren Breitengraden zurückkehren. Der Trend bei diesen Vögeln geht inzwischen jedoch ebenfalls immer häufiger dazu über, ganzjährig im Freistaat zu bleiben. "300 Störche haben im letzten Winter in Bayern überwintert, davon 180 Jungvögel aus der Vorjahresbrut", erklärt Schmidt-Hoensdorf.

Die Frage, ob die Anzahl der Vögel, die im Landkreis überwintern, in den kommenden Jahren weiter steigen wird, beantwortet die Vorsitzende des Erdinger Landesbundes für Vogelschutz mit einem klaren Ja: "Die Anzahl der Überwinterungsgäste wird steigen." Das hat mehrere Gründe: "Bei Störchen und Krähen ist sicherlich ein Grund, dass sie im Müll Futter finden", so Schmidt-Hoensdorf. Vor allem Krähen finden in Städten überall etwas zu Essen, zum Beispiel auf Schulhöfen oder in Mülleimern. Diese Entwicklung hat bei den Saatkrähen dazu geführt, dass sie im Sommer nicht mehr nach Osten ziehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Zugvögeln verbrachte diese Art nämlich die Winter hier und zog erst weiter, wenn es wärmer wurde.

Ein weiterer Grund für das veränderte Zugverhalten der Vögel ist laut Ursula Schmidt-Hoensdorf "der unaufhaltsame Trend des Klimawandels". Der vergangene Winter war wieder einmal nicht kalt genug, um alle Vögel dazu zu bewegen, in den Süden zu fliegen. "Während früher langwöchige Frostperioden dominierten, ist man heute schon froh, wenn es überhaupt mal schneit." Örtlich waren zwar heftige Schneefälle zu verzeichnen, "im Mittel war es aber viel zu trocken und zu mild", erklärt Schmidt-Hoensdorf. Die Auswirkungen der Zuchtprogramme in der Schweiz, dem Elsass und Baden-Württemberg in den 1950er und 1960er Jahren sind jedoch nach Angaben des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern der Hauptgrund dafür, dass so viele Vögel nun in unseren Breitengraden überwintern. Man habe die Zuchtvögel eingesperrt und so am Wegfliegen gehindert. Dieses Verhalten hätten die Tiere nach ihrer Freilassung beibehalten und an ihre Nachkommen weitergegeben.

Doch nicht nur die Zugvögel haben ihr Verhalten geändert. Inzwischen sind im Landkreis bereits einige Vogelarten gesichtet worden, die sich eigentlich nur in südlicheren Breitengraden aufhalten. Laut der Vorsitzenden der Ortsgruppe des LBV sind immer häufiger Ortolan, Bienenfresser oder Uferschwalbe zu sehen. "Dieses Jahr wurden erstmals auch Wiedehopfe gesichtet", erklärt Schmidt-Hoensdorf. Der Wiedehopf ist eine kleine Vogelart, die meist in Süd- oder Zentraleuropa und -asien sowie in den größten Teilen von Afrika vorkommen. Seit diesem Jahr ist er jedoch nicht nur in den Weiten der afrikanischen Savanne, sondern auch im Landkreis zuhause.

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