Deutsche Bank:Paul Achleitner redet sich seine Klatsche schön

Chairman of the board Paul Achleitner attends the annual shareholder meeting of Deutsche Bank in Frankfurt

Achleitner bei seiner Rede auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank am Donnerstag.

(Foto: REUTERS)

Die Hauptversammlung der Deutschen Bank war ein Desaster für den Aufsichtsratschef. Doch der ignoriert das einfach.

Kommentar von Meike Schreiber

Die Kunst, Dinge schön zu reden, beherrschen Politiker wie Konzernchefs gleichermaßen. Ein ganz besonderes Talent in dieser Disziplin ist Paul Achleitner, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank. Quälende neun Stunden und dreißig Minuten zog sich die Hauptversammlung des größten deutschen Geldhauses hin, in 47 Wortmeldungen rechneten Profianleger, Umweltaktivisten und Privataktionäre mit der Bankführung ab. Noch am Tag des Treffens war der Aktienkurs auf ein Rekordtief gefallen. Wieder einmal.

Am Ende entlasteten Achleitner 72 Prozent des vertretenen Kapitals; und auch Konzernchef Christian Sewing erhielt eine Rückendeckung von nur 75 Prozent. Es ist das schlechteste Ergebnis, das der Österreicher in sieben Jahren Amtszeit kassiert hat. Der frühere Vorstandschef Anshu Jain bekam 2015 zehn Prozentpunkte weniger und trat daraufhin zurück. Bei Dax-Konzernen sind Entlastungen von mehr als 90 Prozent üblich.

Und welche Schlüsse zieht nun einer wie Achleitner daraus? Statt das schlechte Ergebnis als das anzuerkennen was es ist, deutete er es geschwind zur neuen Referenzgröße um. Den Nachrichtenagenturen diktierte er nach der Hauptversammlung in die Blöcke, man müsse "wegkommen von den kommunistischen Wahlergebnissen". Wenn man auf Hauptversammlungen eine Art von Demokratie haben wolle, könne man nicht 99 Prozent Zustimmung erwarten. Einen Rückzug oder Rücktritt hatte er zuvor ohnehin schon ausgeschlossen: Er habe nicht vor, Investoren, Kunden und Mitarbeiter des Instituts "im Stich zu lassen".

Es ist nicht neu, dass sich Achleitner für unentbehrlich hält. Auch das hat er mit vielen Mächtigen gemein. Dass er nun aber die Chuzpe hat, sein schlechtes Ergebnis auch noch als neuen Standard zu verkaufen, das dürfte vielen Aktionären und Mitarbeitern den Atem rauben. Sicher, er hat auf der Hauptversammlung erstmals Fehler eingeräumt. Doch das wirkt nun wenig glaubwürdig. Und: Was denken jetzt eigentlich Vorstände und Aufsichtsräte anderer Unternehmen, die ihre Aktionäre soweit überzeugen konnten, dass sie die besagten 99 Prozent schafften? Aus Sicht Achleitners kein echter Erfolg, sondern nur ein Zeichen fehlender Aktionärsdemokratie.

Ginge es dem Aufsichtsratschef wirklich um das Wohl des Unternehmens, das er kontrolliert und um die Aktionärsdemokratie, er hätte schon längst seinen Rückzug in die Wege geleitet. Sicher, Achleitner ist nicht an allem schuld. Und doch hat sich die Bank just in den sieben Jahren seiner Amtszeit auf beispiellose Art selbst zerlegt. Unschuldig ist er also auch nicht. Er hat mehrfach die falschen Leute in den Vorstand gehievt. Er hat sich zu lange an die Vorstellung geklammert, die Bank könne mit den Größen der Wall Street mithalten. Er trägt die Mitverantwortung dafür, dass die diversen Kapitalerhöhungen in Form von Bonuszahlungen an die Investmentbanker flossen, was das Kapital des Geldhauses zeitweise gefährlich schwächte.

Und dennoch wird es Achleitner wohl gelingen, sich im Bund mit den klandestinen Großaktionären aus Katar, China und den USA bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 zu halten. Die Großaktionäre haben getan, was sie immer tun: Sie haben den Aufsichtsratschef nach zwischenzeitlichem Grummeln entlastet. Das hat ihm eine noch größere Schmach erspart. Sie haben damit erneut die Chance für einen Neuanfang an der Spitze verpasst - zulasten der übrigen Aktionäre und der Mitarbeiter. Offenbar konnte Achleitner sie mit der vagen Aussicht auf eine angebliche Zeitenwende im Investmentbanking ruhig stellen. Bloß, das hat die Bankführung nun schon so oft versprochen. Wer soll das noch glauben?

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