Antisemitismus:Zentralrat der Juden: "Lage hat sich wirklich verschlechtert"

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Ein Mann demonstriert 2018 in Bonn mit Kippa gegen Judenfeindlichkeit. (Foto: dpa)
  • Die Sicherheitssituation von Juden in Deutschland verschlechtere sich, warnt der Zentralrat der Juden. "Es ist daher zu begrüßen, wenn diese Situation auch auf höchster politischer Ebene mehr Aufmerksamkeit erfährt", sagt Verbandspräsident Josef Schuster.
  • Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte zuvor gesagt, Juden sollten besser nicht jederzeit und überall in Deutschland die Kippa tragen.

Der Zentralrat der Juden prangert eine wachsende Zahl antisemitischer Bedrohungen und Gewalttaten hierzulande an. "Insgesamt neige ich nicht zum Dramatisieren, doch die Lage hat sich insgesamt wirklich verschlechtert", sagte Verbandspräsident Josef Schuster der Welt am Sonntag. Das aggressive politische Klima wirke sich aus. "Wir fühlen uns von den Sicherheitsbehörden zwar ausreichend geschützt, aber es wird Zeit, dass sich in der Gesellschaft der Wind wieder dreht." Seine Warnung fällt zusammen mit einem umstrittenen Rat des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, Juden sollten besser nicht jederzeit und überall in Deutschland die Kippa tragen.

Zu der Empfehlung sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur: "Es ist seit längerem eine Tatsache, dass Juden in einigen Großstädten potenziell einer Gefährdung ausgesetzt sind, wenn sie als Juden zu erkennen sind." Darauf habe er bereits vor zwei Jahren hingewiesen, sagte er. "Es ist daher zu begrüßen, wenn diese Situation auch auf höchster politischer Ebene mehr Aufmerksamkeit erfährt." Die Bekämpfung des Antisemitismus müsse sich die ganze Gesellschaft zu eigen machen, betonte er. "Es ist höchste Zeit."

"Mit meinem provozierenden Statement wollte ich bewusst eine Debatte über die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft anstoßen"

2018 war die Zahl antisemitischer Straftaten bundesweit stark angestiegen. Der jüngste Jahresbericht zur politisch motivierten Kriminalität wies 1799 Fälle aus, 19,6 Prozent mehr als 2017. Der Antisemitismusbeauftragte Klein sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe mit seiner Aussage aufrütteln wollen. "Mit meinem provozierenden Statement, ich könne - anders als früher - Juden nicht empfehlen, überall und zu jeder Zeit in Deutschland eine Kippa zu tragen, wollte ich bewusst eine Debatte über die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft in unserem Land anstoßen. Natürlich bin ich der Auffassung, dass es nirgendwo in Deutschland No-Go-Areas für Juden oder Angehörige von anderen Minderheiten geben darf." Politik und Gesellschaft müssten die Fehlentwicklungen erkennen, auf die er hingewiesen habe, und dürften diese keinesfalls hinnehmen. "Ich möchte, dass wir den Kampf gegen Antisemitismus als Aufgabe für uns alle begreifen."

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte es "nicht hinnehmbar" genannt, wenn Juden ihren Glauben in Deutschland verstecken müssten. "Der Staat hat zu gewährleisten, dass die freie Religionsausübung ohne Einschränkungen möglich ist."

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