Versicherungen:Kunden wollen mehr

Röntgenaufnahme einer Frauen-Brust

Ian Paterson operierte auch Frauen, bei denen Brustkrebs vermutet, aber noch nicht nachgewiesen wurde.

(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Ulrich Leitermann, Chef von Signal Iduna, will mit künstlicher Intelligenz die Versicherten besser verstehen.

Von Herbert Fromme und Ilse Schlingensiepen, Köln

Vor fünf Jahren war Signal-Iduna-Chef Ulrich Leitermann noch sicher: Einen Online-Abschluss der Policen des Versicherers werde es nicht geben. Die Gruppe gehört mit rund 10 000 Mitarbeitern und 5,6 Milliarden Euro Umsatz zu den zwölf größten im Land, in der privaten Krankenversicherung (PKV) zu den ersten fünf.

An seine damaligen Äußerungen lässt sich Leitermann heute ungern erinnern. Denn inzwischen hat er sich recht erfolgreich an die Spitze der Digitalisierungsbewegung in seinem Unternehmen gesetzt. "Der Kunde wird die Service-Wüste, die wir heute haben, auf Dauer nicht mehr akzeptieren", sagte Leitermann der SZ. Die Konkurrenz für traditionelle Anbieter wie die Signal Iduna sind nicht Neugründungen im Versicherungsbereich. "Die Benchmark ist Amazon." Die Versicherer müssten sich sehr anstrengen, einen vergleichbaren Kundenservice zu erreichen. "Das ist der entscheidende Erfolgsfaktor für die Zukunft, es sind nicht die Kosten."

Gerade in der privaten Krankenversicherung sieht Leitermann große Chancen, mit Hilfe neuer technischer Möglichkeiten den Service deutlich zu verbessern. Die Signal Iduna will interne Prozesse so weit wie möglich automatisieren und dabei auch auf die künstliche Intelligenz setzen, um die Anliegen der Versicherten besser zu verstehen und darauf reagieren zu können. "Wir wollen den Kunden Mehrwert liefern", sagt er. Das können Informationen, die Begleitung bei chronischen Erkrankungen oder die Beratung zu einzelnen Therapieangeboten sein.

Große Hoffnungen setzt Leitermann dabei auf die elektronische Patientenakte. Dort können Versicherte Befunde und Dokumente wie Arztbriefe, Röntgenbilder oder Impfpässe speichern. Auch eigene Informationen wie die Daten aus ihren Fitness-Uhren können sie in den Akten ablegen. Die Nutzer entscheiden, wer Zugriff auf die einzelnen Daten bekommt.

Allein kann sich kaum ein Versicherer die Entwicklung solcher Systeme leisten. Die Zukunft liegt in Kooperationen, weiß Leitermann. In der PKV haben sich drei Varianten herauskristallisiert: Die von der Allianz initiierte elektronische Patientenakte "Vivy" wird von der Allianz, der Barmenia, der Gothaer und der Süddeutschen Kranken sowie einer Reihe gesetzlicher Krankenkassen genutzt. Auf das von Axa und Compugroup Medical entwickelte Portal "Meine Gesundheit" setzen neben der Axa die Debeka, die Versicherungskammer Bayern und die HUK-Coburg. Die Signal Iduna ist an der von IBM und der Techniker Krankenkasse entwickelten digitalen Akte beteiligt. Sie wird auch von der Central und der DKV genutzt. Die Signal Iduna hat aber noch nicht entschieden, ob sie auch selbst mit der Akte arbeitet.

Die große Bedeutung der Technik birgt die Gefahr, die Mitarbeiter nicht mitzunehmen. "Die entscheidende Stellgröße ist es, die Belegschaft davon zu überzeugen, dass sie anders arbeiten muss", sagt Leitermann. Die Mitarbeiter müssten weg von vielen eingefahrenen Routinen, entscheidend werde sich am Kunden zu orientieren.

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