Nur noch zwei Abgeordnete:SPD bleibt einstellig

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Die Wahlparty fällt aus: Die Europaabgeordnete Maria Noichl ist enttäuscht vom Ergebnis der SPD. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Sozialdemokraten schneiden bei der Europawahl noch schlechter ab als bei Landtagswahl.

Von Lisa Schnell, München

Maria Noichl trinkt nur, wenn es etwas zu feiern gibt und dann ausschließlich solche Spirituosen, die sich auch als Bonbon lutschen lassen. Auf einen Eierlikör oder einen Baileys hatte sie sich am Sonntag schon gefreut. Dann aber steht vor der bayerischen Spitzenkandidatin doch nur: ein Glas Wasser.

9,3 Prozent im vorläufigen Endergebnis, das sind elf Prozentpunkte weniger als 2014. Statt drei Abgeordneten schickt die Bayern-SPD jetzt mit Noichl und Ismail Ertug aus der Oberpfalz nur noch zwei nach Brüssel. Kerstin Westphal aus Unterfranken hat es nicht mehr geschafft. Die 20 Prozent von 2014 hatten die wenigsten erwartet. Damals profitierte die SPD vor allem von ihrem Spitzenkandidaten Martin Schulz, 2014 noch EU-Parlamentspräsident. Aber wenigstens besser als die 9,7 Prozent bei der Landtagswahl, das war die geheime Hoffnung vieler Genossen bei der Wahlparty in München. Nicht mal dazu aber hat es gereicht. Die SPD ist weiterhin einstellig, Noichl verzichtet auf ihren Eierlikör und sagt: "Da muss man nichts beschönigen. Das ist zu wenig." Immerhin sei die SPD vor der AfD und damit vor den "Antidemokraten". "Ein genauso hartes Ergebnis wie im Herbst", sagt Landeschefin Natascha Kohnen. Es werde Zeit brauchen, bis sich die SPD aus ihrem Tief wieder herausgearbeitet habe.

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Dabei denkt sie nicht nur an Bayern, sondern auch an Berlin, wo sie einen Grund für das verloren gegangene Vertrauen sieht: "Es ist uns etwas nicht gelungen, was wir versprochen hatten: Dass wir uns profilieren in der Groko." Vor allem bei zwei Themen müsse die SPD in der Koalition "klar und hart" bleiben: bei der Grundrente, die es ohne die von der Union geforderten Bedürftigkeitsprüfung geben müsse, und beim Klimaschutz. Kohnen ist für ein Tempolimit bei 130 und eine CO₂-Steuer. Eine Reaktion auf den Erfolg der Grünen? Beim Thema Klimaschutz da dächten die Leute an die Grünen, ja, aber auch die SPD war da mal vorne dabei etwa mit dem Umweltpolitiker Erhard Eppler. "Das haben wir abreißen lassen."

Als Kohnen bei der Landtagswahl 2018 die Wahlniederlage der Bayern-SPD kommentieren musste, wurde recht unverhohlen ihr Rücktritt gefordert. Jetzt sagt der Münchner Landtagsabgeordnete Florian von Brunn: "Es gibt keinen Grund, eine Personaldebatte zu führen." Und auch der Bundestagsabgeordnete Florian Post, Kohnens schärfster Kritiker, ist zurückhaltend. Nicht lange her, da forderte er von Kohnen ein gutes Ergebnis bei der Europawahl: "Mindestens zweistellig!" Und jetzt? "Wenn die Bayern-SPD ein schlechtes Ergebnis hat, dann liegt es nicht am Landesverband", sagte Post schon vor der Wahl.

Auch Maria Noichl wird das schlechte Ergebnis nicht angekreidet. Woran es diesmal lag, das dürfen die Sozialdemokraten in den nächsten Tagen mal wieder diskutieren. Die Jusos halten sich dagegen nicht lange mit Wahlanalysen auf. Sie pinseln schon am Sonntag die Plakate für die Kommunalwahl und damit irgendwie auch ihre Hoffnung für die SPD-Ergebnisse 2020: "Wir wollen mehr.

© SZ vom 27.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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