Griechenland:Premier Tsipras ruft Neuwahlen aus

Alexis Tsipras

Alexis Tsipras will nach der Niederlage seiner Partei Neuwahlen in Griechenland ausrufen.

(Foto: Yorgos Karahalis/AP)
  • Bei der Europawahl überholen die Konservativen der Nea Dimokratia in Griechenland die linke Regierungspartei Syriza.
  • Premier Tsipras ruft daraufhin Neuwahlen für Juni aus.
  • Syriza ist in den vergangenen viereinhalb Jahren immer weiter in die gesellschaftliche Mitte gerückt.

Von Christiane Schlötzer, Athen

In Griechenland wird es nach den schweren Verlusten für die linke Regierungspartei Syriza von Premier Alexis Tsipras rasche Parlamentsneuwahlen geben. Dies kündigte Tsipras kurz vor Mitternacht in Athen auf einer Pressekonferenz in der Syriza-Zentrale an. Nach der Auszählung von rund einem Drittel der Stimmen lag seine Partei zu diesem Zeitpunkt etwa neun Prozentpunkte hinter der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) von Kyriakos Mitsotakis. Syriza kommt demnach auf 24 Prozent der Stimmen, die ND auf 33 Prozent. Die Wahl könnte schon Ende Juni stattfinden, hieß es am Abend im griechischen Fernsehen. Auch bei den gleichzeitig stattfindenden Regional- und Kommunalwahlen erlitt Syriza Verluste. Tsipras, der seit Januar 2015 regiert, hatte die Europawahl schon zuvor zur Abstimmung auch über die Zukunft seiner Regierung erklärt. Sollten ihm die Bürger kein Vertrauen schenken, "dann ist alles offen", hatte er gesagt. Eigentlich waren Parlamentswahlen erst für Ende Oktober geplant.

Auch Mitsotakis forderte am Abend rasche Wahlen. Griechenland brauche eine "neue Regierung", sagte er. Damit könnte sich wiederholen, was nach der Europawahl 2014 geschah. Damals hatte Syriza inmitten der griechischen Finanzkrise die ND um fast vier Prozentpunkte überholt - mit scharfer Anti-EU-Rhetorik. Gleich am Tag darauf forderte Tsipras ebenfalls Neuwahlen. Die gab es dann zwar erst im Januar 2015, aber Syriza gewann sie mit großem Vorsprung.

2014 hatte Syriza auch bei den Kommunalwahlen gepunktet, etwa mit Rena Dourou, der ersten linken Gouverneurin von Attika, der größten Region. Auch sie erlitt am Sonntag eine Niederlage. Im Rennen um das Bürgermeisteramt von Athen lag am Abend ebenfalls ein Konservativer vorne, der 41 Jahre alte Kostas Bakoyannis. Er stammt aus einer griechischen Politikerdynastie. Seine Mutter Dora war Außenministerin und zuvor auch Athener Rathaus-Chefin. Er ist außerdem ein Neffe des ND-Vorsitzenden Mitsotakis.

Die linke Syriza ist in den letzten Jahren stark in die Mitte gerückt. Und sie erfüllte alle Spargebote

Die Neonazi-Partei Chrysi Avgi, 2014 drittstärkste Kraft bei der Europawahl, hat diesen Rang nun an die sozialistische Kinal abgetreten. Sie ist die Nachfolgerin der einst mächtigen Pasok, die in der Finanzkrise fast völlig dezimiert wurde.

Syriza ist in den vergangenen viereinhalb Jahren immer weiter in die gesellschaftliche Mitte gerückt. Tsipras hat die Vorgaben der internationalen Geldgeber weitgehend umgesetzt. Damit hat er Teile der eigenen Basis irritiert, aber Griechenland konnte im August 2018 das Hilfsprogramm verlassen. Noch immer haben die Kreditgeber jedoch eine Kontrollfunktion. Rentenerhöhungen, die Tsipras vor den Wahlen zusagte, wurden von ihnen kritisiert. Auch Oppositionschef Mitsotakis versprach Steuersenkungen für die Zukunft, verurteilte aber, dass Syriza Renten für Juni schon vor dem Wahltag auszahlte.

Für Mitsotakis, 51, war es der erste Wahlkampf, er ist seit Januar 2016 ND-Vorsitzender. Deren früherer Chef, Ex-Premier Antonis Samaras, hat sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet. Skai TV sagte er, Kanzlerin Angela Merkel habe ihm 2012 für den Fall, dass Griechenland den Euro verlassen wolle, mitgeteilt: "Wir haben einen Plan B und wir können dir für eine Zeit, die wir vereinbaren, helfen." In Athen erregte dies Aufsehen, weil bislang nur Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble als Grexit-Befürworter galt. Allerdings ist weiter unklar, ob Merkel selbst einen Grexit wünschte. Samaras sagte, er habe das Angebot sofort abgelehnt. Auch in Thessaloniki dürfte ein Konservativer Bürgermeister werden.

Mitsotakis hatte hier im Wahlkampf versucht, noch einmal die Emotionen gegen den von Tsipras mit Nordmazedonien gefundenen Namenskompromiss zu schüren. Er sagte, die ND behalte sich vor, in einer Regierung den Beitritt des Nachbarlandes zur EU zu blockieren.

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