Krankenversicherung:Geld zurück bei weniger Bauchfett

Jogger im Olympiapark in München, 2014

Wer auf seine Gesunheit achtet, soll bei der Axa künftig Vorteile haben.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Axa-Versicherung bietet einen neuen Tarif an, bei dem die Versicherten für gesünderes Leben mit Geld belohnt werden.
  • Das soll jüngere, gesundheitsbewusste und digital interessierte Menschen ansprechen.
  • Private Krankenversicherungen müssen sich einiges einfallen lassen, um Kunden zu locken. Denn immer mehr Menschen versichern sich bei gesetzlichen Krankenkassen.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Wer mit dem Rauchen aufhört oder noch nie geraucht hat, erhält von der privaten Axa-Krankenversicherung in Köln künftig 50 Euro im Jahr als Bonus. Wenn das Bauchfett im Normalbereich ist und ein Arzt das bestätigt, sind weitere 50 Euro fällig. Voraussetzung ist, dass sich die Kundin oder der Kunde in dem neuen Tarif "Active Me" versichert. Er richtet sich vor allem an jüngere, gesundheitsbewusste und digital interessierte Menschen. Sie sind bei allen Krankenversicherern begehrt. Die Axa lockt sie mit Cash.

Nicht nur die Kölner Tochter des Pariser Versicherers steht vor einem Problem: Seit Jahren geht bei den meisten privaten Krankenversicherern (PKV) die Zahl der Kunden im Kerngeschäft Vollversicherung zurück. Immer weniger Menschen versichern sich komplett bei einem PKV-Unternehmen statt bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Die Axa Kranken hatte Ende 2018 noch 795 000 Vollversicherte im Bestand, 2300 weniger als Ende 2017.

Alle PKV-Anbieter wollen neue Kunden gewinnen - aber bitte nicht jeden, sondern möglichst fitte und gesunde Kunden, die auf einen geringeren Aufwand des Versicherers für Arzt- und Krankenhausrechnungen hoffen lassen. Diese Gruppe will die Axa mit "Active Me" gewinnen und sich so einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Bei den Bonusangeboten, die auch bei anderen Anbietern immer populärer werden, geht es nicht um Hilfe für Patienten, die krank sind. Solche Programme, die bei der Suche nach der richtigen Behandlung helfen, gibt es auch. Bei der Axa geht es vor allem darum, dass die Kunden möglichst gesund bleiben.

Gesundheitsbewusstes Verhalten zahlt sich für die Versicherten in Euro und Cent aus. So erhalten sie nicht nur für das Nichtrauchen und für den Bauch ohne Speck jeweils 50 Euro pro Jahr. Noch mehr Geld in derselben Höhe gibt es für diejenigen, die regelmäßig eine als gesund eingestufte Sportart betreiben. Dazu gehören Tanzen, Schwimmen, Rennradfahren oder Yoga. Bis zu 200 Euro erhalten Kunden, reichen sie Rechnungen etwa für Sportschuhe oder einen Fitnesskurs ein.

Hinzu kommt: Der Versicherer wirbt mit ungewöhnlich hohen Beitragsrückerstattungen für Kunden, die in einem Jahr keine Rechnungen zur Erstattung einreichen, ausgenommen Vorsorge- und Präventionsleistungen. Beim neuen Angebot der Axa gibt es so bis zu 1000 Euro pro Jahr zurück.

Gleichzeitig baut die Axa darauf, dass die Kunden digital affin sind. Sie bietet den Zugang zu Online-Sprechstunden bei Ärzten, die auch online Rezepte und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen und zum Facharzt überweisen. Wenn Versicherte Apps oder Online-Dienste nutzen, die vom Arzt verordnet werden müssen, zahlt der Versicherer 80 Prozent der Kosten. Weitere Gesundheitshelfer bietet die Gesellschaft über die Plattform "Meine Gesundheit".

Bei Nichtrauchern hat die Versicherung schon mal zu optimistisch kalkuliert

"Wir kommen mit Active Me dem zunehmenden Bedürfnis der Menschen entgegen, etwas für die eigene Gesundheit zu unternehmen", sagt der zuständige Axa-Vorstand Thilo Schumacher. Das Unternehmen wolle für die Versicherten da sein, bevor sie erkranken. "Damit gehen wir einen völlig neuen Weg in der PKV, denn die Zeit ist reif für einen Paradigmenwechsel in unserem Gesundheitssystem", meint er.

Das wirkt auf den ersten Blick pathetisch. Etwas Neues ist "Active Me" trotzdem. Zwar arbeiten viele PKV-Anbieter mit Anreizen und digitalen oder analogen Unterstützungsangeboten. Mit der Bündelung ihrer Angebote geht die Axa aber einen eigenen Weg. Das tut sie nicht zum ersten Mal. Im Jahr 1995 hat die Colonia-Krankenversicherung, der Vorläufer der Axa Kranken, als erstes PKV-Unternehmen einen Hausarzttarif auf den Markt gebracht. Er belohnt Kunden, die sich bei Erkrankungen immer zunächst an ihren Hausarzt wenden. Das Angebot wurde zum Teil heftig kritisiert, inzwischen sind viele Versicherer gefolgt.

Prämien für die Kunden könnten sich in Zukunft stark erhöhen

Spannend wird sein, ob die Rechnung aufgeht: Schließen wirklich vor allem Kunden diesen Tarif ab, die selten krank werden und wenig Kosten verursachen? Erweisen sich diese Kalkulationsgrundlagen als falsch, könnten sich die Prämien für die Kunden in Zukunft stark erhöhen. Der Bund der Versicherten (BdV) sieht mit Skepsis, dass PKV-Unternehmen ständig mit neuen Angeboten auf den Markt kommen. Die Axa habe eine Reihe von Parallelangeboten, in denen sie die Prämien zum Teil sprunghaft erhöhen musste, kritisiert Constantin Papaspyratos, Leiter der Stabsstelle Rechts- und Fachberatung beim BdV. "Die Axa startet hier offensichtlich einen weiteren Versuchsballon", sagt Papaspyratos. "Das Risiko dürfte zu Lasten der in diesem Tarif Versicherten gehen und sich dann unter Umständen in stark steigenden Prämien äußern."

Die Axa habe in der Vergangenheit Nichtraucher mit Prämienabschlägen belohnt, sagt Papaspyratos. Dann habe sich herausgestellt, dass Nichtraucher durch die längere Lebenserwartung höhere Gesundheitskosten auslösen können. "Die Folge war, dass die Nichtraucherprämien deutlich angepasst werden mussten."

Korrektur: In einer früheren Version von "Geld zurück bei wenig Bauchfett" am 29./30. Mai auf Seite 22 heißt es, dass die Axa Kranken Ende 2017 noch 795 000 Vollversicherte im Bestand hatte, 2300 weniger als Ende 2017. Richtig ist, dass die Axa Kranken Ende 2018 noch 795 000 Vollversicherte im Bestand hatte.

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