Talentiade 2019:Falk Faßbender will hoch hinaus

Der 17-Jährige klettert seit sechs Jahren beim DAV München-Oberland und hat schon bei Meisterschaften auf sich aufmerksam gemacht. Nun ist der Kirchseeoner für die Talentiade der SZ nominiert

Von Matthias Reinelt, Kirchseeon

Talentiade 2019: Bald will der Kirchseeoner wieder "so viel wie möglich an den Fels", vielleicht auch im Ausland.

Bald will der Kirchseeoner wieder "so viel wie möglich an den Fels", vielleicht auch im Ausland.

(Foto: privat)

Es fehlt etwas in Falk Faßbenders Kletterleben. Seredo treibt ihn um, lässt ihm keine Ruhe. Eine ganz bestimmte Tour ist noch nicht geschafft. Gemeint ist damit eine Klettertour, die der 17-Jährige vor einigen Jahren mit einem Kumpel in Italien gemacht hat. Es sollte aber nicht so gelingen wie geplant. Tagelang "sind wir dringehangen", sagt Faßbender. Die beiden wollten hoch hinaus, doch an einer Stelle im Felsen war immer wieder Schluss. Der Durchstieg gelang ihnen einfach nicht. Doch Seredo steht ganz oben auf der To-Do-Liste nach dem Abi.

Klettertouren im Ausland sind für Falk Faßbender die Ausnahme. Normalerweise trainiert der Kirchseeoner zweimal die Woche in der Halle bei der Sektion München-Oberland des Deutschen Alpenvereins (DAV). Obwohl er erst 17 Jahre alt ist, trat er im vergangenen Sommer bei den Tölzer Stadtmeisterschaften im Bereich Herren gegen teilweise deutlich ältere Kletterer an. "Ein total neues Level", sagt Faßbender. Die anderen seien auch körperlich oft auf einem anderen Niveau. Gegen Ende bluteten bereits acht seiner Finger, erzählt er. Doch der Schmerz lohnte sich. Faßbender holte den dritten Platz - einer seiner größten Erfolge.

Falk Faßbender Kletterer Talentiade

Immer am Limit: Falk Faßbender hat gelernt mit der Angst beim Klettern zu leben. Eine Tour geschafft zu haben, sagt der 17-jährige Kirchseeoner, sei ein unbeschreibliches Gefühl.

(Foto: Privat)

Einige seiner Konkurrenten kannte er persönlich. "Das gibt einem besonders viel, wenn man die anderen dann links liegen lässt", sagt Faßbender. Bei bayerischen Meisterschaften schaffte er es unter die besten zehn und beim Deutschlandcup wurde er schon 14.

Er versucht, in einen "Flow" zu kommen

Wegen der Abivorbereitung musste er das Klettern in den vergangenen Monaten vernachlässigen. Bald will der Kirchseeoner aber wieder "so viel wie möglich an den Fels", zum Beispiel ins Altmühltal oder Alpenjura. Oder mal wieder ins Ausland wie vergangenes Jahr, als er in Andalusien mit einem Kumpel bei 30 Grad "von Fels zu Fels gezogen ist". Inmitten der Natur zu klettern sei immer etwas Besonderes. Dort herrsche eine ganz andere Atmosphäre als in der Halle. Am Felsen habe er individuelle Lösungsmöglichkeiten, "das Klettern für sich auszuleben". Im Gegensatz zur Halle, wo die Touren "geschraubt" sind. Der Reiz, immer schwierigere und neue Touren zu schaffen, treibt ihn an, sagt er. Vor dem Start liest er erst einmal die Tour, sieht sich also an, welche Züge er machen kann oder wo schwierige Stellen auf ihn warten. Beim Klettern am Felsen versuche er, "in einen Flow zu kommen" und ganz bei sich zu sein, erzählt Faßbender. Dann rede man manchmal sogar mit sich selbst und bekomme es nicht mal mit.

Der Kopf spiele eine große, "wenn nicht sogar die größte Rolle", sagt der 17-Jährige. Wenn man nicht weiterkommt, sei meistens der Kopf schuld. Falk Faßbender zitiert einen der bekanntesten deutschen Kletterer, Wolfgang Güllich. "Der wichtigste Muskel beim Klettern ist das Gehirn" hat der einmal gesagt.

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Eine Tour geschafft zu haben und dabei über die Berge zu blicken, ist ein "relativ unbeschreibliches Gefühl", sagt Faßbender. "Mir macht es nichts mehr aus, mal zehn Meter zu fliegen", sagt der Nachwuchskletterer, wenn er über die Angst zu stürzen spricht. Die hat er schon lange abgelegt. Wenn man sich der Gefahr, die bestehe, bewusst sei und sie versucht zu vermeiden, dann sei Klettern gar nicht so gefährlich, sagt der 17-Jährige.

Falk Faßbender spricht von der sehr vielschichtigen Belastung beim Klettern. Die Brustmuskulatur werde mehr beansprucht als beispielsweise der Rücken. Deshalb mache er Ausgleichssport wie Krafttraining, Schwimmen oder Laufen. "Damit ich in ein paar Jahren nicht mit einem fetten Buckel herumlaufe."

Wie es nach dem Abi weitergeht, weiß er noch nicht

Falk Faßbender Kletterer Talentiade

Wegen der Abivorbereitung musste er das Klettern in den vergangenen Monaten vernachlässigen. Bald will der Kirchseeoner aber wieder mehr trainieren.

(Foto: Privat)

Beruflich zu klettern oder dabei etwas zu verdienen ist Faßbender zufolge schwierig. Der Gewinner der deutschen Meisterschaft bekommt gerade mal 100 Euro. Nach dem Abi will er ein Jahr Pause machen, zum Arbeiten und Reisen. Dann soll es an die Uni gehen, etwas in Richtung Kamera und Film studieren, oder aber Pilot werden. Derzeit hat er noch zweimal pro Woche geleitetes Training beim DAV. Wenn Faßbender aber im September 18 wird, hört das auf. Denn die Sektion München-Oberland nimmt nur Kletterer bis zum 18. Lebensjahr. "Danach werden wir vor die Tür gesetzt", sagt Faßbender. Warum es so ist, weiß er nicht. "Es geht ein großer Teil verloren."

Denn die Regelmäßigkeit und das intensive Klettern werde ihm fehlen. Beim DAV München-Oberland ist er früh vom Sichtungskader in den Perspektivkader aufgestiegen. Doch im höheren Wettkampfkader waren die Plätze immer begrenzt und begehrt. Faßbender wurde nie aufgenommen. Der Kader hätte mehr Gelder für Trainingsfahrten und mehr Trainer für weniger Sportler bedeutet. "Es ist schwierig im Verein hochzukommen", sagt Faßbender, der kritisiert, dass dort zwar die finanziellen Mittel vorhanden seien, aber zu wenig fördere. Immer mehr Gelder für Trainingsfahrten seien gestrichen worden. Ab 18 gehe es eigentlich nur dann weiter, wenn man im Erwachsenen-Bayernkader ist oder bei anderen Vereinen, bei denen man als Erwachsener nicht gehen müsse.

Ab September ist Falk Faßbender also erst einmal auf sich gestellt. Das werde ihn nicht davon abhalten, weiter auf bayerischen und deutschen Meisterschaften zu klettern, sagt er. Bevor er sich nach den Prüfungen auch mal auf die faule Haut legt, geht es so bald wie möglich nach Italien. Dann will er nach dem Abi auch endlich Seredo abhaken.

Bei der Talentiade 2019 zeichnet die Süddeutsche Zeitung zum zehnten Mal die Leistung junger Sporttalente (bis Jahrgang 2000) aus München und den umliegenden Landkreisen aus sowie die hervorragende Nachwuchsarbeit ihrer Vereine. Wir suchen deshalb junge Sportlerinnen und Sportler, die in den vergangenen beiden Jahren - unabhängig von Sportart, Meisterschaften oder Titeln - besonderes sportliches Engagement gezeigt haben. Vergeben werden unter anderem neun Förderpreise à 1500 Euro. Bewerbungen und Vorschläge unter sz.de/talentiade. Die Bewerbungsphase endet am Dienstag, 18. Juni.

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