Nach Rücktritt:Strache stellt Strafanzeige wegen Ibiza-Video

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Der ehemalige Vorsitzende der FPÖ und Ex-Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache. (Foto: imago images / EST&OST)
  • Heinz-Christian Strache hat nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos Anzeige erstattet.
  • Die Anzeigen gingen in München und Hamburg ein - den Firmenstandorten von SZ und Spiegel.
  • Die Ermittlungsbehörden prüfen, ob Ausschnitte aus dem Video aus Gründen des Persönlichkeitsrechts nicht hätten gezeigt werden dürfen - oder ob das öffentliche Interesse überwog.

Von Ralf Wiegand

Heinz-Christian Strache, 49, zurückgetretener österreichischer Vize-Kanzler und ehemaliger Parteivorsitzender der FPÖ, hat in Deutschland Strafanzeige "gegen alle Personen gestellt, die für die Herstellung, Verbreitung und Veröffentlichung des sog. Ibiza-Videos mitwirkend verantwortlich" seien. Das teilte die Staatsanwaltschaft München I mit; auch die Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung den Eingang einer solchen Anzeige.

Diese beiden Städte sind die Firmenstandorte von SZ und Spiegel, die über das Video berichtet haben. Die Anzeigen seien aber nicht namentlich gegen SZ, Spiegel oder bestimmte Personen gerichtet, bestätigten die Behörden der SZ.

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Vor den schriftlichen Anzeigen Straches, die am Freitag über einen deutschen Rechtsanwalt eingingen, hatten Medien berichtet, dass bereits mehrere Privatpersonen Anzeige gegen vermeintlich Verantwortliche der SZ erstattet hätten. In Hamburg gingen entsprechende Anzeigen gegen den Spiegel ein. Laut Staatsanwaltschaft München beziehen sich die Strafanzeigen auf das "Zugänglichmachen von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden" und das "Zugänglichmachen von höchstpersönlichen Bildaufnahmen".

Die Ermittlungsbehörden prüfen nun, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, wonach Ausschnitte aus dem heimlich auf Ibiza aufgenommenen Video nicht hätten gezeigt werden dürfen - oder ob das öffentliche Interesse überwog. Aus Sicht der SZ-Chefredaktion war die Veröffentlichung zulässig: Es habe ein "überragendes öffentliches Interesse" vorgelegen, das Video zu zeigen - unter anderem, weil Strache darin politische Gegenleistungen für finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt habe. In einem solchen Fall sei die Veröffentlichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klar gedeckt.

Auf von dieser Zeitung veröffentlichten Video-Ausschnitten ist etwa zu sehen, wie Strache und der ehemalige FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus einer angeblichen schwerreichen Russin Staatsaufträge in Aussicht stellen. Nach einem Bericht der Zeitung Die Presse will die Oberstaatsanwaltschaft Wien die strafrechtliche Relevanz der Aussagen beider Politiker prüfen. Straches österreichischer Anwalt Johann Pauer sagte unterdessen dem Standard, die in Deutschland gestellten Strafanträge "erfolgen in dem Bestreben, die Hintergründe, Beteiligten und möglichen Auftraggeber der Videoherstellung und Videoverbreitung zu ermitteln". Strache habe bereits vor knapp zwei Wochen gegen drei Personen bei der Staatsanwaltschaft Wien Anzeige erstattet: namentlich gegen einen Anwalt und einen Privatermittler sowie gegen eine unbekannte Frau - die Oligarchin-Darstellerin.

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© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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