Profil:Amir Ohana

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(Foto: Yonatano~hewiki)

Israels erster homosexueller Minister ist ein Freund der Familie Netanjahu.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Mit der Ernennung von Amir Ohana zum Justizminister setzte Premierminister Benjamin Netanjahu ein Signal: Ohana sei der erste homosexuelle Minister in der Geschichte Israels, betonte ein Sprecher von Netanjahus Partei Likud. Netanjahu gab die Ernennung kurz vor der 18. LGBT-Parade bekannt. Diese Veranstaltung von Lesben, Homosexuellen, bisexuell orientierten und Transgender-Menschen findet jedes Jahr unter großen Spannungen in Jerusalem statt. 2015 tötete ein ultraorthodoxer Jude einen Teilnehmer mit Messerstichen.

Ohana lebt mit seinem Partner in Tel Aviv und zieht mit ihm seit knapp vier Jahren die Zwillinge Ella and David groß, die von einer Leihmutter in den USA geboren wurden. 2015 kam er in die Knesset und war der erste Likud-Politiker, der sich offen als schwul bezeichnete. Er führt auch die LGBT-Vereinigung in der rechtsnationalen Partei an.

Der 43-jährige Jurist ist nach Einschätzung israelischer Medien aber vor allem deshalb ausgewählt worden, weil er stets lautstark den Premierminister verteidigt. Der Reserveoffizier der israelischen Armee und ehemalige Agent des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet lehnt einen Staat für die Palästinenser ab und trat mit Vehemenz für das Nationalstaatsgesetz ein, das den jüdischen Charakter Israels festschreibt. Und während andere Parteigranden Kritik am Vorhaben des Premierministers äußerten, sich mit einem Immunitätsgesetz Straffreiheit wegen drohender Korruptionsanklagen zusichern zu lassen, machte sich Ohana dafür stark.

Der Rechtsanwalt und ehemalige Staatsanwalt findet Pläne gerechtfertigt, den Obersten Gerichtshof zu entmachten. Nach Ansicht Ohanas missachtet Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit mit seiner Empfehlung, Netanjahu wegen Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in drei Fällen anzuklagen, den Willen des Volkes. Mandelblit lehnte am Donnerstag den Antrag Netanjahus ab, die bereits einmal von Juli auf Oktober verschobene Anhörung erneut zu verschieben. Damit wollte Netanjahu Zeit gewinnen, um nach der Neuwahl am 17. September ein Immunitätsgesetz durchzubringen.

Netanjahu zog den stets schnell sprechenden Ohana anderen Likud-Politikern vor, die ebenfalls Interesse an der Nachfolge von Ajelet Schaked im Justizressort zeigten. Der Regierungschef hatte Schaked und Bildungsminister Naftali Bennett von der Partei Neue Rechte am Sonntag entlassen.

Ob der ehrgeizige Ohana länger im Amt bleibt, hängt von den Forderungen der ultraorthodoxen Parteien und der Union rechter Parteien bei den Koalitionsverhandlungen ab. Bezalel Smotrich von der Union rechter Parteien will selbst ins Justizressort, hat aber seine Chancen mit seiner Ankündigung, das jüdische Religionsrecht einführen zu wollen, geschmälert. Die Partei Vereinigtes Tora-Judentum sorgt sich wiederum, Ohana könnte seine Position nutzen, um die Rechte von Homosexuellen auszuweiten.

In Israel haben die Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft die fortgeschrittensten Rechte im Vergleich aller Länder des Nahen Ostens. Seit 2002 kann man in Israel eine homosexuelle Partnerschaft eintragen lassen und ein Kind adoptieren. Die Leihmutterschaft ist jedoch weiter ein umstrittenes Thema. Vergangenen Juli verabschiedete die Knesset ein Gesetz, wonach es alleinstehenden Frauen erlaubt ist, ein Kind von einer anderen Frau austragen zu lassen. Aber weiter ausgeschlossen bleiben homosexuelle Paare und alleinstehende Männer. Dass Ohana die Ausgrenzung mitgetragen und auf die Parteidisziplin verwiesen hat, tragen ihm viele in der LGBT-Gemeinschaft nach.

Wertschätzung genießt Amir Ohana allerdings in der Familie Netanjahu: Er ist mit Yair Netanjahu, dem einflussreichen und oft verhaltensauffälligen Sohn des Premierministers, befreundet. Auch das könnte seinen Karriereschritt befördert haben.

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