Fiat Chrysler und Renault:Lieber solo

FILE PHOTO: The logos of Renault and Fiat carmakers are seen in Nice

Passen nur auf den ersten Blick gut zusammen: Fiat Chrysler und Renault.

(Foto: REUTERS)

Fiat Chrysler und Renault könnten gemeinsam zum drittgrößten Autohersteller der Welt aufsteigen. Dass es nun doch nicht mehr nach Fusion aussieht, ist gut. Die beiden passen höchstens auf den ersten Blick gut zusammen.

Kommentar von Thomas Fromm

Es ist eine Geschichte fast wie aus dem richtigen Leben. Da macht jemand einen sehr vielversprechenden Heiratsantrag, nur um ihn dann nach einigen Tage wieder zu kassieren. Zurück bleiben in solchen Situationen viele Fragen. Zum Beispiel diese: Was ist da schief gelaufen in den Tagen zwischen Antrag und Absage? Oder auch: Hätte man nicht schon vorher wissen können, dass man im Grunde nicht zusammenpasst?

Der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler (FCA) hatte den französischen Konkurrenten Renault Ende Mai zu Fusionsgesprächen eingeladen. Wenn man so will, ein offizieller Heiratsantrag unter Konzernen, verbunden mit dem Versprechen auf eine großartige, gemeinsame Zukunft. Zusammen würden Italiener, Amerikaner und Franzosen mit fast neun Millionen Fahrzeugen im Jahr zum drittgrößten Autobauer der Welt aufsteigen, gleich nach Volkswagen und Toyota. Hey, lass uns heiraten, zusammen kommen wir noch ganz groß raus!

Den Unternehmen und ihren Mitarbeitern bleiben nun einige unschöne Diskussionen erspart

Doch jetzt hat FCA sein Milliarden-Angebot wieder zurückgezogen - und das ist das Beste, was die Strategen aus Turin und Detroit machen konnten: Glücklich geworden wären die Partner nämlich nicht, im Gegenteil. Alles spricht zurzeit dafür, dass die Ehe der beiden sehr schnell sehr unharmonisch geworden wäre. Schon die Reaktionen am Donnerstag zeugen davon, wie sehr es im Hintergrund rumoren muss. Dabei arbeitet man noch nicht einmal unter einem gemeinsamen Dach zusammen.

Es sei "klar geworden, dass derzeit die politischen Konditionen in Frankreich nicht vorhanden sind", teilte Fiat mit. Da hatte der Renault-Verwaltungsrat eine Entscheidung über weitere offizielle Fusionsverhandlungen gerade eben vertagt, um mehr Bedenkzeit zu haben und die Sache noch mal vorher mit dem eigenen Partner Nissan aus Japan zu besprechen. Die Franzosen werfen dem italienisch-amerikanischen Autokonzern nun ihrerseits vor, sein Angebot überstürzt wieder eingepackt zu haben. Von hohem Druck ist die Rede, den FCA ausgeübt habe. "Take it or leave it" - nehmt unser Angebot an oder lasst es halt bleiben.

Zickereien, gegenseitige Schuldzuweisungen und nur wenig Empathie für die Lage des anderen: In dieser Beziehung kriselte es schon, bevor man überhaupt angefangen hat, konkret über die Hochzeitsplanungen nachzudenken. Wer sich begeistert in eine vielversprechende Fusion wirft, klingt jedenfalls anders.

Zwar ist es möglich, dass die Italiener nur bluffen. Man könnte den Rückzug ja auch als reinen Verhandlungspoker interpretieren. Ein scharfes Signal mit der Botschaft: Entscheidet euch mal, wir können auch anders. Das würde es am Ende aber kaum einfacher machen, zusammenzukommen und zusammenzubleiben. Anders gesagt: Eine vertrauensbildende Maßnahme ist das aktuelle Geschachere nicht gerade.

Der Fall der beiden selbstbewussten Unternehmen zeigt, wie weit die oft wunderbar konstruierten Idealwelten der Powerpoint-Präsentationen und Vorstandsvorlagen manchmal mit der Wirklichkeit auseinanderliegen. Es genügt nicht, dass Modellpaletten, Technologien und Märkte zusammenpassen. Bei einem solchen Milliardenprojekt müssen die Unternehmen und ihre Vertreter auch politisch und kulturell harmonieren. Beide Unternehmen verfolgen hier aber ureigene, egoistische Interessen. Beide wollen am Ende eigene Standorte und Arbeitsplätze schützen - und gleichzeitig so viel wie möglich von der Verbindung profitieren. Und dann ist da noch der französische Staat, der mit 15 Prozent an Renault beteiligt ist. Bei Fiat Chrysler dürften die Befindlichkeiten eines französischen Wirtschaftsministers dagegen zweitrangig sein.

Nur auf den ersten Blick passt das Paar also perfekt zusammen. Hier das alte Diesel- und Benzin-Schlachtross Fiat Chrysler, das dringend Nachhilfe bei Elektroautos und alternativen Antrieben braucht, da der modernere Renault-Konzern, der das nötige Know-how mit in die Liaison einbringen könnte. Im Gegenzug könnten die Italo-Amerikaner den Franzosen helfen, auf dem US-Markt in die Gänge zu kommen. Und, so etwas gefällt Managern und Aktionären ganz besonders: Mithilfe der Fusion könnten fünf Milliarden Euro im Jahr eingespart werden. Zusammen wäre man also weniger allein, gerade jetzt, wo auf die Autoindustrie schwere Zeiten zukommen und man die hohen Kosten gerne auf viele Schultern verteilen würde. Daraus wird nun vorerst nichts.

Den Unternehmen und ihren Mitarbeitern bleiben dafür bis auf Weiteres einige unschöne Diskussionen erspart.

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