Comic:Hugo Pratts "Ticonderoga"

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Von CHRISTOPH HAAS

Was muss man von Hugo Pratt gelesen haben? Die Antwort kann nur heißen: Alles! Aber das ist leider gar nicht so einfach. Einerseits ist das Oeuvre des 1927 in Rimini geborenen, 1995 in Lausanne gestorbenen Künstlers riesig: Mit seinem lockeren, spontanen Strich, in dem Details und Hintergründe keine große Rolle spielen, hat er viele Tausend Seiten zeichnen können. Andererseits war Pratt einige Zeit vom hiesigen Comic-Markt so gut wie verschwunden, sogar die "Corto Maltese"-Alben, sein Hauptwerk, ließen sich nur noch antiquarisch erwerben.

Inzwischen hat sich das aber geändert, und nun ist mit "Ticonderoga" sogar ein Frühwerk des Meisters erstmals auf Deutsch verfügbar, in einer traumhaft schönen, zweibändigen Ausgabe (Avant-Verlag, 304 Seiten, 50 Euro). Die Serie erschien von 1957 bis 1959 in Argentinien. Das Szenario stammt von Héctor Germán Oesterheld, der auch mit Alberto Breccia ("Eternauta") zusammenarbeitete und dann 1978, ebenso wie seine vier Töchter, von den Schergen der damals herrschenden Junta ermordet wurde.

"Ticonderoga" ist ein Frühwestern, der 1755 spielt, im Gebiet der Großen Seen. Engländer und Franzosen bekämpfen einander, unterstützt von indigenen Stämmen, die sich mit ihnen verbündet haben. Um einem Mädchen zu imponieren, zieht auch der 17-jährige Caleb Lee in den Krieg, wird bald jedoch von seiner Truppe getrennt und abenteuert, zusammen mit dem gleichaltrigen Ticonderoga Flint und dem rätselhaften Indianer Numokh, auf eigene Faust durch die Wälder.

Oesterheld beschwört die Geister des Lederstrumpf, von Tom Sawyer und Huckleberry Finn; Pratt zeigt sich stark von seinem wichtigsten Vorbild, dem großen Milton Caniff ("Terry and the Pirates", "Steve Canyon"), geprägt. So frei und expressiv wie später sind seine Bilder noch nicht; dank der Kombination von Tusche und Aquarell gelingen ihm aber immer wieder magische Momente, speziell wenn er Naturstimmungen evoziert oder Menschen und Dinge als schwarze Silhouetten darstellt.

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