Russland:Reporter ohne Grenzen sorgt sich um Schicksal von Investigativ-Journalisten

Lesezeit: 1 min

Das von der Meduza-Webseite zur Verfügung gestellte Foto zeigt Investigativ-Journalist Iwan Golunow auf einer Polizeistation. (Foto: Dmitry Dzhulay/meduza.io/AP/dpa)
  • Die russische Polizei hat in Moskau den Investigativ-Journalisten Iwan Golunow festgenommen.
  • Die Behörden werfen Golunow Drogenbesitz vor. Der Journalist arbeitet für ein regierungskritisches Portal.
  • Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" spricht von "erfundenen Vorwürfen".

Die russische Polizei hat in Moskau einen Investigativ-Journalisten festgenommen. Die Ermittler werfen Iwan Golunow Drogenbesitz vor. Bei seiner Festnahme seien vier Gramm der als Aufputschmittel missbrauchten Substanz Mephedron gefunden worden, teilte die Polizei mit. In der Wohnung des 36-Jährigen seien dann weitere Päckchen mit einer "pulvrigen Substanz" und eine Waage entdeckt worden. Es seien Ermittlungen wegen Handels und Herstellens von Drogen eingeleitet worden.

Der Reporter arbeitet für das kremlkritische Nachrichtenportal Meduza und ist in Russland ein bekannter Rechercheur. Der Onlineseite zufolge habe Golunow die Anschuldigungen gegen sich zurückgewiesen. Meduza-Chefin Galina Timtschenko und Chefredakteur Iwan Kolpakow berichteten davon, dass Golunow von Polizisten geschlagen worden sei - doch die Behörden hätten abgelehnt, die Spuren der Gewaltanwendung durch ärztliches Personal dokumentieren zu lassen. Das Portal vermutete seine journalistische Arbeit als Hintergrund für seine Festnahme. Der Journalist sei in den vergangenen Monaten bedroht worden.

Russland rangiert auf Platz 149 im Ranking der Pressefreiheit

Inzwischen schaltete sich die Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen" in den Fall ein. "Sehr besorgt" sei man über die Festnahme von Golunow und das Verhalten der russischen Behörden", sagte Geschäftsführer Christian Mihr der Deutschen Welle. "Weshalb verweigerte die Polizei dem Journalisten mehr als zwölf Stunden lang den Kontakt zu seinem Anwalt? Wieso wendete sie Gewalt an, und warum wurden seine Finger und sein Rucksack nicht auf Drogenspuren untersucht, wenn man ihm Drogenhandel in großem Stil vorwirft?", fragte Mihr. Für "Reporter ohne Grenzen" sieht "alles nach erfundenen Vorwürfen aus", um einen bekannten Investigativjournalisten zum Schweigen zu bringen.

Bei Protesten gegen die Festnahme sind russischen Medien zufolge mehrere Menschen vorübergehend festgenommen worden. Russland liegt in der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 149 von 180. Zum Vergleich: Die Schweiz kommt auf Rang 6, Deutschland auf 13, Österreich auf 16. In manch anderen EU-Staaten ist es um die Pressefreiheit laut "Reporter ohne Grenzen" deutlich schlechter bestellt: Großbritannien erreicht nur Rang 33, Italien kommt auf 43, Polen auf 59 und Ungarn auf 87.

© SZ.de/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivStrache-Video
:Griff nach der Kronen-Zeitung

Wie man das österreichische Boulevardblatt zum Machtinstrument der FPÖ formen könnte, ist eines der zentralen Themen des heimlich gefilmten Videos. Strache offenbart Erstaunliches und Erschreckendes.

Von Leila Al-Serori, Oliver Das Gupta, Peter Münch, Frederik Obermaier und Bastian Obermayer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: