List im TV:Wenn dir Jan Böhmermann einen Flitzer auf die Bühne schickt

Niklas Roever (Klavier)

"Skurril, aber auch lustig": So beschreibt Pianist Niklas Roever seine Erfahrung mit dem ZDF.

(Foto: Veranstalter)

Niklas Roever ist in Ebersberg als Jazz-Pianist bekannt - nun kennt ihn das Publikum der Sendung "Neo Magazin Royale". Wie Jan Böhmermann den 21-Jährigen hereinlegte.

Von Jonas Wengert, Maitenbeth/Köln

"Es war gut genug bezahlt", sagt Niklas Roever und lacht. Deswegen habe er sein Studioticket für die ZDF-Show "Neo Magazin Royale" mit Moderator Jan Böhmermann verfallen lassen - und stattdessen die Anfrage eines Kommilitonen für ein gemeinsames Konzert angenommen: Der Anlass sei ein Firmenjubiläum und der Chef ein großer Jazz-Fan, das habe nach einer "wasserdichten Geschichte" geklungen. Roever ist Jazzpianist, wuchs in der Gemeinde Maitenbeth (Landkreis Mühldorf) auf und war in der Vergangenheit unter anderem in der Musikszene im Kreis Ebersberg äußerst aktiv. Seit drei Jahren studiert er an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln.

Die Krux an jener Konzertbuchung war: Vom vermeintlichen Anlass über die Location bis hin zum Publikum und der Gage war alles gefaked, und zwar vom ZDF selbst. Roevers Kommilitone war von Anfang an eingeweiht. Hintergrund war ein Ableger von Böhmermanns wöchentlicher Show: Bei "Lass dich überwachen" geht es um den Umgang mit persönlichen Daten im Netz. Das Studiopublikum glaubt, bei einer regulären Neo-Magazin-Royale-Aufzeichnung dabei zu sein.

Beim Erwerb der Tickets wird jedoch eingewilligt, dass alle öffentlichen Online-Aktivitäten ausgekundschaftet und gegebenenfalls in der Sondersendung verwendet werden dürfen, von Facebook über Twitter bis hin zu Ebay-Kleinanzeigen. Das führt dazu, dass den Studiozuschauern die Angst, als Teil der Show durch den Kakao gezogen zu werden, häufig in den Gesichtern steht.

"Ich habe diese Klausel auch unterschrieben", gesteht Roever. Er nutze Social-Media-Kanäle, um seine Arbeit als Musiker zu verbreiten. Das nahm der TV-Sender zum Anlass, das knapp einstündige Konzert à la "Versteckte Kamera" zu filmen. Während seiner Sendung schaltete Böhmermann zwischendurch in den Konzertsaal, wo es allerlei vermeintliche Pannen gab. Anfangs habe er sich dabei nichts gedacht, so Roever: "Dass mal das Licht ausfällt oder im Publikum ein Handy klingelt sind Dinge, die durchaus passieren können."

Zum ersten Mal stutzig geworden sei er, als eine komplette Lampe von der Decke fiel. Als dann plötzlich ein nackter Flitzer auf der Bühne erschien und am Flügel vorbei durchs Publikum rannte, sei endgültig klar gewesen, dass hier etwas nicht stimme, erzählt der Musiker. Kurz darauf entbrannte eine Kissenschlacht im Publikum, eine Blaskapelle stürmte den Saal - und der Schabernack wurde aufgeklärt.

Laut Böhmermann hätte der 21-Jährige von Anfang an misstrauisch sein müssen. "Für Geld ein Konzert spielen, als Jazzmusiker - ich meine: wie oft kommt das vor?", witzelte der Moderator während seiner Sendung. Nach der Auflösung wurde Roever via Taxi in das nur wenige Kilometer entfernte ZDF-Studio gefahren. Dort durfte er am Klavier den Auftritt der deutschen Hip-Hop-Gruppe Die Orsons begleiten - gleichzeitig auch der Schlusspunkt der Sendung. Die Noten dafür habe er erst im Auto bekommen, so Roever.

"Was da passiert ist, kam mir wahnsinnig skurril, aber auch lustig vor", fasst Niklas Roever den Abend zusammen. Zwar sei er von der 180-Grad-Wendung der Ereignisse zunächst schon geschockt gewesen, doch das sei schnell in positive Aufregung umgeschlagen. Nach der Aufzeichnung habe er auch die Menschen kennengelernt, die ihn ausspioniert und den Scherz von langer Hand vorbereitet hatten. Außerdem habe es die Möglichkeit gegeben, TV-Moderator Jan Böhmermann zu treffen. "Er war auch nach der Show so locker und cool, wie er sich im Fernsehen gibt", so Roever. Tradition der Sendung ist es, dass die unfreiwilligen Kandidaten für die Witze auf ihre Kosten mit Geschenken entschädigt werden. Roever erhielt einen Gutschein für ein Musikgeschäft.

Zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung habe er niemandem von den Geschehnissen erzählen dürfen, so der 21-Jährige. "Ich habe dann nur mehrmals Hinweise gegeben, dass sich doch alle die Sendung anschauen sollen." Er habe sie zusammen mit Freunden gesehen. "Die fanden es auch alle lustig. Insgesamt war das schon eine gute Sache." Trotzdem freut sich Roever, in Zukunft wieder "echte" Konzerte spielen zu dürfen. Dafür zieht es ihn auch regelmäßig in die alte Heimat. Mitte Juni beispielsweise hat sein Jazz-Trio einen Auftritt in München.

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