Krankenhäuser:Kaum Frauen an der Spitze

Baustellenbegehung München Klinik Schwabing

An den städtischen Krankenhäusern sind 88 Prozent der Chefärzte Männer. Im Bild die München Klinik Schwabing.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Chefposten in Kliniken werden vor allem mit Männern besetzt. Es gibt Versuche, die Situation zu verändern. Doch die bewirken noch nicht viel.

Von Inga Rahmsdorf

In der München Klinik arbeiten fast gleich viele Ärztinnen (49,5 Prozent) wie Ärzte (50,5 Prozent), während aber 88 Prozent der Chefärzte Männer sind. Am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ist der Frauenanteil in den Chefarztetagen ebenso niedrig (bei insgesamt einem Frauenanteil von 45 Prozent). Das entspricht auch dem bundesweiten Durchschnitt von Frauen in leitenden Positionen an Unikliniken. Bei jedem Karriereschritt vom Studienabschluss bis zum Chefarzt nimmt deren Anteil deutlich ab. Dabei schließen längst mehr Studentinnen als Studenten ein Medizinstudium ab.

60 Prozent der Ärzte ohne Weiterbildung, die an der München Klinik arbeiten, sind Frauen. Das zeigen aktuelle Daten des städtischen Klinikums. Beim nächsten Karriereschritt, dem Facharzt, sinkt der Frauenanteil bereits leicht auf 56 Prozent. Von den Oberärzten ist dann nur noch jede Dritte eine Frau, während es bei den leitenden Oberärztinnen nur noch knapp 18 Prozent sind.

Es gibt durchaus Anstrengungen, die Situation zu verbessern. Die München Klinik bietet beispielsweise ein Mentoring-Programm an, bei dem Ärztinnen unterstützt werden von einem Kollegen oder einer Kollegin in Leitungsfunktion. Das TU-Klinikum rechts der Isar hat eine Koordinierungsstelle für Chancengleichheit und Karriereplanung (Keck) eingerichtet. Doch der Prozess hin zu mehr Chancengleichheit geht nur schleppend voran. Blickt man zurück auf die vergangenen zehn Jahre, hat sich die Situation kaum verändert. Der Anteil an Chefärztinnen in der München Klinik stagniert seit 2008 zwischen zehn und zwölf Prozent.

"Die Medizin ist ein wahnsinnig konservatives Milieu", sagt Maria Delius. Die 48-jährige Oberärztin leitet das Perinatalzentrum der LMU-Frauenklinik in der Innenstadt, außerdem ist sie Frauenbeauftragte an der medizinischen Fakultät und Mutter von drei Kindern. Selbst an Frauenkliniken seien die Chefs größtenteils männlich, obwohl dort überwiegend Frauen arbeiten würden, sagt sie.

Delius sieht zwei zentrale Aspekte, die dringend verändert werden müssen, um die Chancengleichheit in Kliniken zu erhöhen: Wenn eine Ärztin schwanger ist, darf sie bestimmte Aufgaben nicht mehr übernehmen wie 24-Stunden-Schichten oder Nacht- und Wochenenddienste. Bisher müssen ihre Kollegen den Ausfall auffangen. "Das ist immer sehr mühsam, weil das ganze System auf Kante genäht ist, es gibt keine Reserven. Der einzelnen Schwangeren wird damit auch die Verantwortung aufgedrückt."

Delius plädiert dafür, dass bei jeder schwangeren Ärztin sofort eine zusätzliche personelle Unterstützung zur Verfügung gestellt wird, um diese Dienste aufzufangen. Zudem müssten die Väter viel stärker in die Pflicht genommen werden, fordert die leitende Oberärztin. Erst wenn es genauso wahrscheinlich ist, dass ein Mann wegen Elternzeit ausfällt wie eine Frau, wäre echte Chancengleichheit geschaffen.

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Die Herzchirurginnen Dr. Julie Cleuziou (Oberärztin, rechts) und Dr. Keti Vitanova (Fachärztin), Deutsches Herzzentrum München, Lazarettstr. 36.

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