Gmail:Sieg gegen Netzagentur

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Der Europäische Gerichtshof hat jetzt ein interessantes Urteil gefällt: Webmail-Anbieter zählen nicht zu den Kommunikationsdiensten. Die Entscheidung könnte einige Unternehmen ärgern, zum Beispiel die Deutsche Telekom.

Von Max Muth, München

Nach fast sieben Jahren Streit hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden: Anbieter von Webmail-Diensten gelten nicht als elektronischer Kommunikationsdienst im Sinne des EU-Rechts. Für Nutzer ist dieses Urteil deshalb wichtig, weil solche Kommunikationsdienste stärker mit Behörden kooperieren müssen. Sie müssen zum Beispiel eine Schnittstelle zur Verfügung stellen, über die Ermittler auf die Kommunikation von Verdächtigen zugreifen können. Die Bundesnetzagentur war der Auffassung, dass auch Googles Webmail-Dienst die Kriterien erfüllt, um als Kommunikationsdienst im Sinne der EU-Richtlinie zu gelten.

Knackpunkt ist die Signalübertragung: Die EU-Richtlinie stuft laut EuGH nur solche Dienste als "elektronischen Kommunikationsdienst" ein, deren Aufgabe ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen besteht. Das sei bei dem Webmail-Anbieter nicht der Fall. Google hatte argumentiert, es nutze ja nur die schon bestehende Infrastruktur des Internets.

Aufatmen dürfen auch eine ganze Reihe weiterer Unternehmen, die Kommunikationsdienste über das Netz anbieten, sogenannte Over-the-Top-Dienste (OTT). Der Prozess gegen Google wäre vermutlich nur der Auftakt für eine ganze Reihe weiterer Verfahren der Netzagentur gewesen. Behördenchef Jochen Homann hatte in der Financial Times angedeutet, dass auch Messengerdienste wie Whatsapp möglicherweise von seiner Behörde beaufsichtigt werden müssten. Die Abgrenzung zu traditionellen Telekommunikationsdiensten verschwimme zunehmend. Der IT-Rechtsanwalt Christopher Götz spricht von einer "interessanten Entscheidung", da die Internetdienstleister sehr ähnliche Services anböten wie klassische Telekommunikationsanbieter. So nutzen die meisten Menschen Whatsapp überwiegend als SMS-Ersatz. Die Behörden haben mit einem Gerichtsbeschluss Zugriff auf SMS der Nutzer, und zwar über die Telefonanbieter - für Whatsapp-Nachrichten gilt das bisher nicht.

Götz erwartet deshalb, dass die traditionellen Telekommunikationsanbieter wie die Telekom sich über eine Ungleichbehandlung beschweren werden. Er ist sich sicher: "Der Streit um die OTTs ist noch lange nicht beendet." Der Fachmann erwartet außerdem, dass die geplante E-Privacy-Verordnung der Europäischen Union Gmail, Whatsapp und Co. deutlich stärker regulieren dürfte als bisher.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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