Zum Tod von Wilhelm Wieben:Hanseat von Stil

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Vermittler zwischen den Welten: Wilhelm Wieben. (Foto: dpa)

So wirkte Wilhelm Wieben in der "Tagesschau" - ein bisschen vornehm, aber angemessen zurückhaltend. Ein perfekter Diplomat.

Nachruf von Hans Hoff

Am 25. September 1965 hatte Wilhelm Wieben einen Fernsehauftritt, der bei vielen länger im Gedächtnis blieb als sein langjähriges Wirken bei der Tagesschau. Der stets adrette Wieben sagte die erste Folge der später legendären Sendung Beat Club an: "Guten Tag, liebe Beat-Freunde. Nun ist es endlich so weit. In wenigen Sekunden beginnt die erste Show im deutschen Fernsehen, die nur für euch gemacht ist. Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik vielleicht nicht mögen, bitten wir um Ihr Verständnis."

Er klang wie der perfekte Diplomat, ein Vermittler zwischen Welten. Damals war er Sprecher bei Radio Bremen. Ein Jahr später lieh er seine sonore Stimme ARD-aktuell. Erst hörte man ihn aus dem Off. Acht Jahre später las er erstmals die Meldungen in der Tagesschau, in einer Art, die ihn als Hanseaten von Stil auszeichnete. Ein bisschen vornehm, aber angemessen zurückhaltend. Wieben tat das, was er tat, mit großem Ernst. Er trat in der Hamburgischen Staatsoper in Mozarts Entführung aus dem Serail auf, bevor er 1995 den Kaiser Franz Joseph im Weißen Rössl im Tivoli-Theater spielte. Gleichzeitig war Wieben ein Heimatpfleger, ein Bewahrer des norddeutschen Dialekts und des zugehörigen Brauchtums. Von 1996 an präsentierte er sechs Jahre lang die NDR-Reihe Melodie der Meere. Als er 1998 bei der Tagesschau ausschied, munkelte man, die ARD habe ihn abserviert.

Derlei Meldungen trat Wieben vehement entgegen: Er habe den Dienst auf eigenen Wunsch quittiert, man möge über ihn doch bitteschön mit der gleichen Seriosität berichten, die er stets gepflegt hat. Am Donnerstag ist Wilhelm Wieben im Alter von 84 Jahren gestorben.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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