Englischer Garten:Der Monopteros, ein "Schauplatz für das Gebaren von Halbstarken"

Frühling in München Blick durch einen grünen Baum auf den Monopteros

Früher trafen sich hier die Kiffer, heute lagern hier oft Hunderte Jugendliche, oft fließt Alkohol.

(Foto: imago images / Alexander Pohl)
  • Seit etwa zwei Jahren gibt es immer wieder Ärger am Monopteros im Englischen Garten.
  • Dabei kommt es auch zu Diebstählen und Prügeleien.
  • Die Polizei kontrolliert mittlerweile verstärkt. Die Streifen schickt sie sicherheitshalber in Zivil.

Von Martin Bernstein

Wenn es dämmrig wird, sind sie plötzlich da: Jugendliche, die sich gegen Abend in größeren Gruppen unterhalb vom Monopteros im Englischen Garten treffen. Und von denen einige untereinander und im Gefolge dann auch der Polizei Ärger machen. Regelrechte Krawalle gab es im vergangenen Jahr, heuer - trotz der im April und Mai eher niedrigen Abendtemperaturen - auch schon wieder rund 100 Anzeigen. Ein paar Hundert Personalien hat die Polizei in diesem Zusammenhang schon überprüft. Die Beamten wissen also sehr wohl, mit wem sie es zu tun haben: mit jungen Leuten überwiegend aus Münchner Stadtrandbezirken und zum Teil auch aus dem Umland. Alkohol, Halbstarken-Gehabe und bei einigen wenigen auch kriminelle Energie ergeben dann schnell eine brisante Mischung.

Die Polizei plant deshalb neben ihren Streifen und Kontrollaktionen jetzt auch Schwerpunkteinsätze mit geschlossenen Abteilungen, wie es sie zuletzt immer wieder rund um den Hauptbahnhof gab. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf Streifen in Zivil. Denn Sicherheitskräfte und auch Rettungsdienste habe schon die ungute Erfahrung gemacht, dass Blaulicht und Uniformen für manche der Randalierer den vermeintlichen Event-Charakter ihres Treibens noch verstärken. Die Taktik der Polizei zahlt sich offenbar aus: In den vergangenen Tagen ist wieder ruhiger geworden am Monopteros.

Ende der Achtzigerjahre galt der Monopteros noch als Treffpunkt der Münchner Kiffer-Szene. "I renn nackert durchn Englischn Gartn / Sitz high aufm Monopteros", beschrieb Günther Sigl von der Spider Murphy Gang anno 1982 den idealtypischen "Sommer in der Stadt". Viele Jahre später gestand der Sänger in einem SZ-Gespräch: "Ich bin natürlich nie nackert durch den Englischen Garten gerannt. Und damals waren zwar viele nicht zuletzt rund um den Monopteros high, die Polizei hat da wohl nicht so genau hingeschaut, soweit ich mich erinnere."

Fast 40 Jahre später ist von der einstigen Hippie-Folklore nicht mehr viel übrig. Und die Polizisten von der Inspektion in der Maxvorstadt, die Jugend- und Kontaktbeamten, aber auch ihre Kollegen von der Reiterstaffel, die hoch zu Ross durch den Park patrouillieren, schauen genau hin. Vor allem, seitdem sich auf der Karl-Theodor-Wiese zwischen Monopteros und U-Bahnstation Universität immer wieder größere Gruppen junger Leute treffen, die sich in den sozialen Netzwerken verabredet haben - und von denen einige im Schutz der Masse dann nicht nur auf den Putz hauen, sondern gezielt Straftaten begehen.

Am 17. April etwa rückten rund 50 Beamte aus, nachdem Anrufer von einer Massenschlägerei berichtet hatten. Das war dann offenbar doch etwas übertrieben. Jedenfalls stießen die Beamten lediglich auf etwa 15 Jugendliche - einer von diesen, 17 Jahre alt, soll zwei andere leicht verletzt haben. Das ist offenbar typisch für das, was die Polizei seit März beobachtet: Auseinandersetzungen gibt es vor allem innerhalb der Gruppen. Was mit einem scheinbar harmlosen Gekicke beginnt, endet dann manchmal bei Diebstahl, Raub oder sogar Körperverletzung. 25 dieser Straftaten hat die Polizei in diesem Jahr schon registriert, 20 Tatverdächtige wurden festgenommen. Oft ist Alkohol im Spiel. "Alkoholgenuss, soweit andere dadurch mehr als unvermeidbar belästigt werden", ist laut Parkverordnung im Südteil des Englischen Gartens verboten. Die Verordnung, die Störer mit Geldbußen bedroht, ist seit einem Jahr in Kraft. Damals war es im Englischen Garten zu regelrechten Ausschreitungen gekommen.

Bis zu tausend junge Leute lagerten an einem Samstagabend im April 2018 am Monopteros. Alkohol floss reichlich, es kam zu Provokationen, dann zu Schlägereien, schließlich zu Übergriffen gegen Rettungsdienst und Polizei. Es seien mehrere Geburtstage gefeiert worden, hieß es. Ein Feuerwehr-Rettungswagen wurde zu einem im Suff kollabierten Jugendlichen gerufen. Die Helfer wurden von betrunkenen Umstehenden attackiert. Als Sanitäter und Notarzt den Betrunkenen im Rettungswagen versorgten, kletterten Jugendliche auf das Gefährt und rüttelten von allen Seiten daran. Weitere Feuerwehrkräfte gingen dazwischen. Doch auch am Feuerwehrfahrzeug machten sich Jugendliche zu schaffen. Dann flog die erste Flasche, woraufhin die Polizei über Funk zum Großeinsatz gerufen wurde. Mehr als hundert Beamte waren nötig, um die Situation unter Kontrolle zu bringen und eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Bereits eine Woche zuvor war damals am Monopteros eine Feier komplett aus dem Ruder gelaufen. Rund 800 Jugendliche hatten sich über Facebook verabredet. Dann soll es zu einer Massenschlägerei gekommen sein. Das berichtete zumindest ein Anrufer. Als die ersten Polizisten im Englischen Garten eintrafen, prügelte sich jedoch niemand. Dafür gingen zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene auf die Polizisten los. Erst flogen Beleidigungen, dann Flaschen. Die Polizisten riefen Verstärkung und mussten am Ende die Schlagstöcke einsetzen, um den harten Kern von etwa 200 Randalierern zu vertreiben. Ermittelt wurde gegen drei 17-jährige Schüler und einen 18-Jährigen wegen Angriffen auf Polizeibeamte sowie gegen zwei 16 und 17 Jahre alte Mädchen wegen Beleidigung.

Aufseher sind nur bis zum Einbruch der Dunkelheit unterwegs

Seit Ende April sind im Englischen Garten auch zwei Parkaufseher unterwegs, die die Bayerische Schlösserverwaltung eigens engagiert hat. Sie sollen mehr Ordnung und Sicherheit gewährleisten, geben auch "Auskunft, helfen weiter, weisen die Besucher freundlich auf die Parkordnung hin und sorgen so für ein friedliches Miteinander". So zumindest stellt die Schlösserverwaltung sich den Idealfall vor. Allerdings sind die Aufseher nur bis zum Einbruch der Dunkelheit auf Streife.

Dass es im 230. Jahr des Münchner Volksgartens ausgerechnet auf der Karl-Theodor-Wiese bisweilen wild zugeht, mutet wie ein schlechter Scherz an. War es doch eben jener Kurfürst Karl Theodor, der den Park im Jahr der Französischen Revolution hatte für die Allgemeinheit öffnen lassen - zur Revolutionsvorbeugung. Der Fürst drückte das so aus: Der Englische Garten sei "zur allgemeinen Ergötzung für dero Residenz-Stadt München ... und dem Publikum in ihren Erholungs-Stunden nicht länger vorzuenthalten." Knapp 200 Jahre später - während der Olympischen Spiele von 1972 - durften dann auch die Wiesen betreten werden. Es kamen: die Nackerten, die Hippies, die Hundebesitzer. Manchmal kam deswegen auch der Ärger. Meist legte er sich bald wieder.

Seit ein, zwei Jahren ist der Monopteros jetzt also "Schauplatz für das Gebaren von Halbstarken", wie es Polizeisprecher Marcus Da Gloria Martins im April vor einem Jahr formulierte. Für die Polizei gilt es auch deshalb, genau hinzuschauen und zu unterscheiden: zwischen der Masse von zwar alkoholisierten Jugendlichen, die im Ernstfall aber brav nach Hause gehen, den verbalen Rädelsführern, "die einen auf dicke Hose machen", wie ein Beamter sagt - und denen, die Tumulte bewusst provozieren, um gezielt klauen zu können. Die Polizei warnt davor, "Wertgegenstände, sei es auch nur bei kurzer Abwesenheit, unbeaufsichtigt auf der Liegewiese zurück zu lassen". Immer wieder führen Beamte in Uniform und in Zivil deswegen Kontrollaktionen durch. So will sie vor allem Diebstähle, aber auch Ansätze zu sogenannten Facebook-Partys sowie Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz verhindern.

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