Golf von Oman:Brennende Tanker im Krisengebiet

Waren es Granaten? Torpedos? Haftminen? Die mutmaßlichen Angriffe ereignen sich in einer Phase schwerer Spannungen zwischen Iran und den USA.

Von Paul-Anton Krüger

Zwischenfall im Golf von Oman

War es ein Torpedoangriff? Ein Foto iranischer Medien zeigt, wie Rauch aus Öltanker "Front Altair" aufsteigt. Alle 23 Besatzungsmitglieder wurden von einem anderen Schiff aufgenommen.

(Foto: Irib News/dpa)

Im Golf von Oman brennt ein Öltanker, die Front Altair. Bedrohlich steht die schwarze Rauchwolke über der Straße von Hormus. 40 Prozent des weltweit verschifften Öls muss durch die strategisch wichtige Meerenge am Eingang zum Persichen Golf. Es sei ein "Sicherheitszwischenfall", wie es die norwegische Reederei Frontline vorsichtig formuliert. Die norwegische Seefahrtsbehörde spricht von einem Angriff. Und auch ein zweites Schiff ist beschädigt, die Kokuka Courageous habe ein Loch in der Bordwand oberhalb der Wasserlinie, teilt die Reederei Bernhard Schulte Ship Management mit.

Am Donnerstagabend machte US-Außenminister Mike Pompeo bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz Iran für die beiden Angriffe verantwortlich. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte zuvor bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates vor einer "großen Konfrontation" gewarnt. Wie groß die Spannungen in der Region sind, zeigte sich parallel auch an einer kleinen Propagandaschlacht. Nachdem die 5. Flotte der US-Marine in Bahrain mitgeteilt hatte, sie leiste den beiden Schiffen Hilfe, hieß es in iranischen Staatsmedien, iranische Boote seien als erste zur Stelle gewesen.

Tatsächlich hatten vorbeifahrende Schiffe die Besatzungen aufgenommen. Klar ist nur, dass die Vorfälle ungefähr 25 Kilometer vor der iranischen Küste die ohnehin starken Spannungen in der Golfregion verschärfen - einen Tag nachdem von Iran unterstützte Huthi-Milizen aus Jemen den Flughafen der saudischen Stadt Abha attackiert hatten. Die EU warnte höchst besorgt vor vorschnellen Reaktionen. Man rufe "zu äußerster Zurückhaltung und zum Unterlassen jeglicher Provokationen auf", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Japans Premier Shinzo Abe traf am zweiten Tag seiner von US-Präsident Donald Trump gebilligten Vermittlungsmission in Teheran den Obersten Führer, Ayatollah Ali Khamenei. Der allerdings ließ Abe brüsk wissen, Trump sei einer Botschaft oder einer Antwort nicht würdig.

Irans Außenminister nannte die Vorfälle "verdächtig", weil die Kokuka Courageous japanische Eigner habe - und die Explosionen während des Treffen des japanischen Regierungschefs mit Khamenei gemeldet wurden. Zugleich aber hatte Sarif selbst während des Besuchs von Bundesaußenminister Heiko Maas eine kryptische Drohung ausgestoßen. Mit Blick auf die einschneidenden US-Sanktion sagte er, jene, die den Wirtschaftskrieg der USA gegen sein Land unterstützten, könnten nicht erwarten, sicher zu sein. Das kann man auf ähnliche Vorfälle vor vier Wochen beziehen. Vier vor Fudschaira auf Reede liegende Tanker waren durch Sabotage beschädigt worden.

Iran hat wiederholt gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren

Saudi-Arabien und die USA haben dafür Iran verantwortlich gemacht. Ein jüngst dem UN-Sicherheitsrat zugeleiteter Bericht, den die Vereinigten Arabischen Emirate, Norwegen und Saudi-Arabien erstellt haben, spricht davon, dass "höchstwahrscheinlich ein staatlicher Akteur" hinter der Attacke stehe, die erhebliche geheimdienstliche und militärische Fähigkeiten in der Planung und Ausführung vorausgesetzt hätten. Die Schiffe sind mutmaßlich mit magnetischen Haftminen angesprengt worden, die Taucher an den Bordwänden platziert hatten. Iran wies jede Verantwortung zurück. Sarif sprach von Provokationen und machte dafür Israel, Saudi-Arabien und die USA verantwortlich.

Die Kokuka Courageous hatte im saudischen Hafen al-Jubail Methanol geladen und war auf dem Weg nach Singapur. Der 170 Meter lange, in Panama registrierte Chemikalientanker sei gleich zwei Mal angegriffen worden, sagte der Präsident der japanischen Eignerfirma Kokuka Sangyo in Tokio. Die erste Attacke habe ein Feuer im Maschinenraum verursacht, das die Crew habe löschen können, berichtete Yutaka Katada. Drei Stunden später sei das Schiff erneut angegriffen worden. Daraufhin habe die Crew es verlassen.

An Bord der Front Altair, die mit 75 000 Tonnen Naphtha auf dem Weg vom emiratischen Hafen Ruwais nach Kaohsiung in Taiwan war, hat es laut der Reederei gleich drei Explosionen gegeben. Der Tanker ist 250 Meter lang, 45 Meter breit und auf den Marschall-Inseln registriert, die mit den USA ein Assoziierungsabkommen haben.

Ein Sprecher der staatlichen taiwanesischen Raffinerie-Gesellschaft CPC Corp, die das Schiff gechartert hat, sagte, man vermute Torpedoangriffe, auch wenn das nicht bestätigt sei. Das allerdings steht im Widerspruch zu anderen Berichten, in denen von Granatbeschuss die Rede ist und auch dazu, dass die Kokuka Courageous über der Wasserlinie getroffen worden ist. Die Reederei vermutete eine Haftmine. Normale Torpedos oder Anti-Schiffsraketen, über die alle Streitkräfte in der Region verfügen, hätten die Schiffe wohl versenkt.

Iran hat wiederholt gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren, sollte das Land durch die neuen US-Sanktionen daran gehindert werden, Öl zu exportieren. Die Ausfuhren waren von 2,5 Millionen Barrel pro Tag auf zuletzt weniger als eine Million Barrel zurückgegangen, nach manchen Schätzungen sogar auf 400 000 Barrel. Russland warnte davor, Iran vorschnell verantwortlich zu machen. "Wir beobachten in letzter Zeit eine sich verstärkende Kampagne des politisch-psychologischen und militärischen Drucks auf Iran", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow.

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