Seehandel:Dicke Pötte, leichte Ziele

Große Handelsschiffe lassen sich nur schwer vor Angriffen schützen. Und die Straße von Hormus ist nicht zu umfahren. Auch viele Handelsschiffe deutscher Reeder sind dort regelmäßig unterwegs.

Von Angelika Slavik

Schiffe transportieren, was immer der Welthandel verlangt: Erdöl oder Flüssiggas, Mangos oder billige Schuhe, Flachbildfernseher oder Getreide. Mitunter geraten diese Schiffe in brenzlige Situationen, wie nun in der Straße von Hormus.

Grundsätzlich seien Handelsschiffe sehr schwer zu schützen, heißt es beim Verband deutscher Reeder. "Haftminen werden ja mit größter Wahrscheinlichkeit angebracht, wenn das Schiff im Hafen liegt oder auf Reede liegt", sagt ein Verbandssprecher: "Natürlich kann man versuchen, nachts besser zu beleuchten, man kann die Wache verstärken und vor dem Auslaufen besonders gut kontrollieren, aber absolute Sicherheit ist einfach unmöglich."

Als vor einigen Jahren Schiffe vor allem vor der Küste Somalias immer wieder Opfer von Piraterie wurden, haben viele Reeder eigene Sicherheitscrews angeheuert: Die bestehen aus etwa vier bis acht Leuten pro Schiff, vergleichbar mit den Air Marshals an Bord von Flugzeugen. Die Angriffe von Piraten sind seither deutlich zurückgegangen. Im Fall der beiden Tanker, die nun im Golf von Oman beschädigt wurden, hätten aber auch Sicherheitscrews wohl kaum etwas ausrichten können.

Die Straße von Hormus können Frachter nicht umfahren

Bei dem betroffenen Chemikalientanker Kokuka Courageous handelt es sich entgegen anderslautenden Meldungen nicht um ein deutsches Schiff. Es steht im Dienst der japanischen Reederei Kokuka, wird allerdings vom Dienstleister BS Shipmanagement verwaltet - ein Unternehmen, das zur in Hamburg ansässigen Schulte-Group gehört. Insgesamt sind weltweit gut 70 000 Handelsschiffe auf den Meeren unterwegs, davon werden etwa 5,6 Prozent deutschen Besitzern zugerechnet. In der Rangliste der Schiffseigentümer liegt Deutschland damit auf dem fünften Platz - Spitzenreiter ist Griechenland, dessen Reeder die Welthandelsflotte dominieren. Überdenken deutsche Reeder nach den Vorfällen nun ihre Aktivitäten in der Region im Nahen Osten?

Bei Hapag-Lloyd, der größten Reederei, heißt es, man beobachte die politische Lage "kontinuierlich". Falls es notwendig werde, würde man den Schiffsbetrieb anpassen. Wie viele deutsche Schiffe insgesamt derzeit in der Region unterwegs sind, lässt sich nicht zuverlässig sagen. Allein bei Hapag-Lloyd allerdings wird die Wichtigkeit der Straße von Hormus für die Schifffahrtsbranche deutlich: Von 121 sogenannten Diensten, also Fahrstrecken, die das Unternehmen weltweit betreibt, laufen zwölf regelmäßig durch diese Meerenge. Etwa jedes zehnte der 235 Schiffe des Unternehmens ist also dort unterwegs.

Diese Frachter einfach eine andere Route fahren zu lassen, wäre gar nicht einfach - denn nur über die Straße von Hormus erreichen die Frachter den Containerhafen Dschabal Ali in Dubai, einen der zehn wichtigsten Häfen der Welt. Könnten die Reedereien diesen Hafen nicht mehr anfahren, müssten Güter von einem anderen Hafen aus über den Landweg transportiert werden - was einen enormen Aufwand sowohl für die Logistiker als auch für deren Kunden bedeuten würde. Noch komplizierter als für Containerschiffe wäre die Lage für Tanker: Insgesamt sind aktuell 151 deutsche Mineralöl- und 39 Gastanker auf den Weltmeeren unterwegs.

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