Engagierte Jugend:Kleine Monster retten die Welt

Zwölf Freimanner Schüler haben in den Pfingstferien einen Trickfilm gedreht. Sie wollen auf das Müllproblem im Viertel aufmerksam machen und erreichen, dass sich die Menschen umweltbewusst verhalten

Von Pauline Stahl

Die Welt ist menschenleer, Tiere stehen friedlich auf grünen Wiesen, das Wasser in den Meeren und Flüssen ist sauber. Dann betritt ein Mensch die Szenerie, bald kommt ein zweiter dazu. Sie knüllen Papier zusammen und werfen es achtlos auf den Boden. Das ist die Einstiegsszene eines Trickfilms über Müll, den zwölf Schüler in den Pfingstferien gedreht haben. Immer mehr Müll kommt dazu, es dauert nicht lange, bis er die Menschen unter sich begräbt.

Heidetreff/Nachbarschaftstreff, Karl-Köglsperger-Straße 13 in Freimann: Projekt des Vereins Kinderschutz München: Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil machen einen Film zum Thema Müll

Ein Filmprojekt soll Schüler mit Spaß an das komplexe Thema Müll heranführen.

(Foto: Florian Peljak)

Das Filmprojekt ist Teil einer Kampagne, getragen vom Verein Kinderschutz und vom Kreisjugendring, mit ihren Einrichtungen "Freimanner Heidetreff" und dem Kinder- und Jugendzentrum LOK. Finanziell unterstützt wird die Aktion vom Bezirksausschuss Schwabing-Freimann. Unter dem Titel "Müll und Sauberkeit im Stadtviertel" sollen die Anwohner in den kommenden drei Jahren in Gesprächen, bei Veranstaltungen, Versammlungen und Pflanzaktionen auf das Müllproblem aufmerksam gemacht werden. Wie in der ganzen Stadt, führt die Vermüllung an Straßen und in Parks rund um den Carl-Orff-Bogen/Werner-Egk-Bogen und der Karl-Köglsperger-Straße bis zum Kieferngarten schon lange zu Gesprächsstoff. Beate Zornig vom Kinderschutz sieht eine große Spanne zwischen der Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg und den Schülern, die freitags demonstrieren, und dem Problembewusstsein für dieses Thema im Viertel. "Viele wissen nicht einmal, wie man überhaupt Müll trennt." Mit dem Filmprojekt hofft sie nun, die Schüler mit Spaß für das komplexe Thema zu interessieren. "Die Kinder sollen dann Multiplikatoren sein, um das Thema an die Erwachsenen heranzutragen", sagt die Sozialpädagogin Asma Martin, die das Projekt betreut. An der Produktion eines Trickfilms haben die Kinder Freude, werden aber gleichzeitig zum Nachdenken angeregt.

Heidetreff/Nachbarschaftstreff, Karl-Köglsperger-Straße 13 in Freimann: Projekt des Vereins Kinderschutz München: Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil machen einen Film zum Thema Müll

Holger Gutt bereitet mit den Schülern die Vertonung vor.

(Foto: Florian Peljak)

Schon nach den ersten Tagen zeigt die freiwillige Aktion ihre Wirkung. "Das Bewusstsein ist schon jetzt ein anderes", sagt Martin. Haben sich einige der Schüler vorher keine Gedanken um Müll gemacht, achten sie schon jetzt viel mehr darauf, wo überall Verpackungen, Zigarettenstummel und Glasflaschen herumliegen. Andere haben das Thema schon in der Schule behandelt. "Viele Freunde von mir werfen den Müll aber trotzdem auf den Boden", sagt die zehnjährige Ekide. Ob sie das nächste Mal etwas dagegen sagen würde? "Auf jeden Fall", sind sich die Schüler zwischen neun und 19 Jahren einig. Auch das Weitergeben an die Eltern scheint zu funktionieren. "Ich habe meinen Eltern schon gesagt, sie sollen mehr Sachen ohne Plastik einkaufen", sagt Sophia. Sie weiß, dass dies manchmal gar nicht so einfach ist. Für die Neunjährige steht aber fest, dass es weniger Müll auf der Erde geben sollte - am besten gar keinen. Auch von der eigenen Müllproduktion sind die Kinder und Jugendlichen schockiert. Jedes Kaugummipapier und jede Bäckertüte sammeln sie während der Projekttage in einer Box. Daraus basteln sie dann Müllmonster, die Hauptdarsteller des Trickfilms.

Heidetreff/Nachbarschaftstreff, Karl-Köglsperger-Straße 13 in Freimann: Projekt des Vereins Kinderschutz München: Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil machen einen Film zum Thema Müll

Hier eine Nahaufnahme des Storyboards.

(Foto: Florian Peljak)

Selina steht über das iPad gebeugt vor dem Heidetreff. "Ich bin Klimaschutz-Manager", steht auf ihrem T-Shirt, sie hat es wie alle Teilnehmer am ersten Tag bekommen. Auf dem Boden sitzen Nico und Ekide und warten auf ihr Kommando. "Bewegen", sagt Selina, nachdem sie ein Foto geschossen hat. Ihre beiden Helfer bewegen das Müllmonster ein bisschen, dann wird das nächste Foto gemacht. Mithilfe einer App werden alle Fotos automatisch aneinandergereiht und können nachher so abgespielt werden, dass sich die Müllmonster wie von selbst bewegen. "Wir arbeiten nur mit Dingen, die die Kinder zu Hause auch haben", sagt Marcel Chylla, der die Teilnehmer gemeinsam mit Holger Gutt bei der Filmproduktion unterstützt.

Während die drei Kinder draußen noch den letzten Clip drehen, bereitet der Rest der Gruppe schon die Vertonung vor. Dabei wird deutlich, dass die Kinder schon Ideen entwickelt haben, was gegen die Müllflut zu tun wäre. Stofftaschen zum Einkaufen mitnehmen, Getränke in Pfandflaschen kaufen.

Der fertige Film wird zum ersten Mal beim Sommerfest der Einrichtungen am Samstag, 13. Juli, gezeigt. "Ich könnte mir vorstellen, dass er danach auch bei Bürgerversammlungen und in Schulen abgespielt wird", sagt Zornig.

Im Film sorgen die Müllmonster dafür, dass die Erde von Glasscherben, Plastiktüten und Kronkorken befreit wird. Die Kinder wissen aber, dass es in der Realität auf die Menschen ankommt, wenn es gilt, die Vermüllung zu vermeiden. Mit dem Film und ihrem neu erlernten Wissen möchten sie nun auch ihre Freunde und Familien darauf aufmerksam machen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: