Zivilklausel:Die Friedenspflicht fällt

Hochschulen - RWTH  in Aachen

Die RWTH Aachen, hier Maschinenbau-Studenten in einer Vorlesung, kam mit dem Gebot der friedlichen Forschung in Konflikt - und räumte Fehler ein.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will, dass Hochschulen bald wieder offiziell für Militärzwecke forschen dürfen. Passend dazu wird bekannt, dass sie längst schon Geld vom Pentagon bekommen haben.

Von Susanne Klein

Staatliche Hochschulen sind in Forschung und Lehre "friedlichen Zielen verpflichtet". So steht es seit 2014 im nordrhein-westfälischen Hochschulgesetz - und so soll es dort bald nicht mehr stehen. Noch vor der Sommerpause will die schwarz-gelbe Landesregierung das Gesetz novellieren, die Abschaffung der "Zivilklausel" ist dabei die umstrittenste Änderung.

Studierende und Wissenschaftler protestieren, die SPD hat den Erhalt des Gebots beantragt. Nur fünf Bundesländer haben überhaupt eine solche Klausel in ihren Hochschulgesetzen. Ein mühsam errungener Erfolg der Friedensbewegung, die militärische Forschung an Unis verhindern will.

Aber auch in Ländern ohne Zivilklausel gilt es als Konsens, dass Hochschulen friedliche Zwecke verfolgen sollen. Bundesweit wird dies in Politik und Wissenschaft immer wieder beteuert. Trotzdem erhalten einige deutsche Hochschulen, zum Teil seit vielen Jahren, Forschungsgelder aus dem US-Verteidigungsministerium. Bekannt ist das schon lange, am Samstag rief es der Spiegel mit aktuellen Zahlen wieder in Erinnerung.

Interessant für die Debatte in Nordrhein-Westfalen: Drei der vom US-Militär im Verlauf der letzten zehn Jahre geförderten Hochschulen liegen in NRW. Darunter die RWTH Aachen. Die Technikhochschule beruft sich in dem Artikel auf "Grundlagenforschung" und gibt zugleich zu: "Viele Forschungsergebnisse lassen sich sowohl militärisch als auch zivil nutzen". Schon 2016 war die RWTH aufgefallen, mit einer Machbarkeitsstudie zum Bau einer Militärfahrzeugfabrik in der Türkei. Dass sie diese Studie nach einiger Zeit abbrach und als Fehler bezeichnete, schrieben Beobachter damals der nordrhein-westfälischen Zivilklausel zu.

Fördergeldern aus dem US-Pentagon? Das könnte die Gegenwehr beflügeln

Auch ein studentisches Aktionsbündnis an der Universität Köln glaubt an die Wirksamkeit der Klausel und will sie retten. Mehr als 5000 Online-Unterschriften haben die Aktivisten am letzten Mittwoch dem NRW-Wissenschaftsministerium präsentiert. Gestartet war die Kampagne vor wenigen Wochen mit mehr als 90 namhaften Erstunterzeichnern, darunter fast 60 Hochschulprofessoren. In diesen Stimmen sieht das Bündnis ein starkes Argument, da die Landesregierung stets mit der Wissenschaftsfreiheit argumentiere. Demnach könnten sich Hochschulen im Zuge ihrer freien, akademischen Willensbildung selbst eine Zivilklausel geben. "Staatlicher Zwang", wie es im Gesetzentwurf heißt, sei da fehl am Platz.

Senta Pineau, Studentin und Mitinitiatorin der Kampagne, sagt dazu: "Unsere Aktion zeigt, dass viele Professoren die Zivilklausel eben nicht als Bevormundung sehen, sondern als positive Orientierung für die Hochschulen". Gut möglich, dass die neuen Nachrichten von Forschungsgeldern aus dem Pentagon die Kampagne noch mal beflügelt. Viel Zeit bleibt dafür nicht. Die letzte Plenarsitzung vorm Sommer, in der NRW Fakten schaffen will, ist in zweieinhalb Wochen.

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