Atomkonflikte:Trump scheitert an seiner Selbstüberschätzung

Atomkonflikte: US-Präsident Donald Trump

US-Präsident Donald Trump

(Foto: AFP)

Der US-Präsident verachtet Diplomatie. Er will den großen Deal um jeden Preis. Doch im Umgang mit Iran und Nordkorea hat er damit keine Chance.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Präsident Donald Trump spart nicht mit vollmundigen Offerten an Amerikas Feinde. Iran bot er Verhandlungen ohne Vorbedingungen an. Zuvor war durchgesickert, dass er einen Militärschlag abgeblasen hatte, der auf Drängen seines Sicherheitsberaters und seines Außenministers schon in Gang war.

Mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un hat Trump sich schon zu zwei Gipfeln getroffen. Der zweite blieb ohne Ergebnis, nachdem man sich beim ersten - laut Trump - auf die "vollständige und irrevisible Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" geeinigt hatte. Zumindest pflegen die beiden noch eine Art Brieffreundschaft, und Trump ignoriert, dass Kim schon wieder ballistische Raketen testen lässt.

Es ist unwahrscheinlich, dass der US-Präsident zum Ende seiner Amtszeit einen Verhandlungserfolg vorweisen wird können, einen großen Deal, mit dem sich der Immobilien-Tycoon als großer Staatsmann beweisen will. Dafür gibt es eine Reihe Gründe, die in der Geschichte liegen, in der Ideologie der Kim-Dynastie und der Islamischen Republik, in Trumps Charakter, dem brüsken Stil und der erschreckenden Dysfunktionalität seiner Regierung.

Irans Präsident Hassan Rohani hat Gespräche mit dem "großen Satan", wie das Regime die USA tituliert, abgelehnt, nachdem Trump Sanktionen gegen den Obersten Führer, Ayatollah Ali Khamenei, verhängt hatte. In Teheran glaubt kaum jemand daran, dass es Trump ernst meint. Er ist aus dem Atomabkommen ausgestiegen, hat so das ohnehin tiefe Misstrauen der Iraner gegenüber den USA bestärkt, das bis zum von der CIA orchestrierten Mossadegh-Putsch 1953 zurückreicht. Auch will in Teheran niemand aus einer Position der Schwäche verhandeln, daher die zunehmenden Provokationen.

Eine Kakofonie von Botschaften aus Washington

Nordkorea befindet sich mit den USA offiziell nur in einem Waffenstillstand, der dem Status quo der Beziehungen seit 66 Jahren zugrunde liegt. Aus Sicht Pjöngjangs haben die USA das 1994 geschlossene Genfer Rahmenabkommen, eine Art kleiner Atomdeal, nach dem Regierungswechsel von Clinton zu Bush junior gebrochen, obschon Nordkorea es war, das sein klandestines Atomprogramm vorantrieb.

Es kommt nicht so sehr darauf an, ob die jeweilige Wahrnehmung sich mit der Realität deckt. Entscheidend ist, dass diese Wahrnehmung die Entscheidungsprozesse der Regime in Pjöngjang und Teheran maßgeblich treibt. Zu ihrer ideologischen Identität gehört im Kern der Antiamerikanismus, einen Ausgleich mit den USA können sie sich deshalb kaum leisten - obwohl sie in den USA zugleich die größte Gefahr für ihren Bestand sehen. Der Sturz Saddam Husseins oder das Schicksal des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi sind ihnen Warnung.

Erschwert wird die Sache durch eine Kakofonie von Botschaften aus Washington. Oft spricht Trump anders als der Außenminister oder sein Sicherheitsberater, und der Präsident ändert seine Meinung von einem Tweet zum nächsten Telefonat mit einem seiner Einflüsterer. Trump mag Unberechenbarkeit für seine Stärke als Verhandler halten, in Wahrheit ist diese Sprunghaftigkeit das zentrale Hindernis im Umgang mit Kim oder Khamenei.

Trump will den großen, den allumfassenden Deal - im Falle Irans soll er die Regionalpolitik ebenso umfassen wie das Atom- und das Raketenprogramm, im Falle Nordkoreas einen Friedensvertrag und die Abrüstung der Atomwaffen. Im Gegenzug stellt er die Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen in Aussicht. Woran es aber fehlt, ist ein Plan, wie man ans Ziel gelangen könnte.

Der Hanoi-Gipfel mit Kim ist vor allem gescheitert, weil das Treffen schlecht vorbereitet war. Die Welt der Diplomatie ist dem US-Präsidenten fremd. Beim Atomabkommen mit Iran, das Trump aufkündigte, hatten Hunderte Diplomaten, Juristen und technische Experten über Monate hinweg mühsam errungene politische Kompromisse in Formulierungen gegossen; andere Themen wurden bewusst ausgeklammert, um die Komplexität beherrschbar zu machen. Trump dagegen hat sich mit Kim nicht einmal wirklich darüber verständigt, was sie unter Denuklearisierung genau verstehen wollen.

Russland, China und Europa oder Nachbarstaaten in die Gespräche mit Teheran und Pjöngjang einzubinden, kommt Trump nicht in den Sinn. Ihm widerstreben solche multilateralen Formate oder auch schon die Idee, sich in kleinen Schritten aufeinander zuzubewegen. Er will alles - und das sofort. Weder Kim Jong-un noch die tief in innenpolitische Machtkämpfe verstrickte Führung der Islamischen Republik werden sich darauf einlassen. Daran ändern auch Donald Trumps Kampagnen des maximalen Drucks kaum etwas, solange er keine erkennbare Strategie verfolgt.

Und so scheitert wohl der große Deal mit Nordkorea oder Iran an Donald Trumps Verachtung fürs Detail, am Mangel an Gespür für Allianzen und an Einfühlungsvermögen, kurz: an Trumps grandioser Selbstüberschätzung.

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