Libra:Finanzhüter fürchten Facebooks Digitalwährung

Facebook Libra Virtual Currency

Finanzregulatoren macht Facebooks Initiative für eine digitale Weltwährung Sorgen.

(Foto: Thomas Trutschel/Getty Images)
  • Viele Geldpolitiker zeigen sich angesichts Facebooks geplanter Digitalwährung Libra äußerst besorgt.
  • Sie fürchten, dass eine Gruppe privater Konzerne in der staatlichen Währungs- und Finanzpolitik wildern könnte.
  • Gleichzeitig wollen manche Länder ihr eigenes E-Geld entwickeln - ein durchaus riskantes Unterfangen.

Von Victor Gojdka

Facebook hatte die Pläne für eine weltumspannende Digitalwährung namens Libra noch gar nicht vorgestellt, da sprach der französische Finanzminister bereits sein Urteil. Mit verstrubbelten Haaren saß Bruno LeMaire an jenem Dienstagmorgen um kurz nach acht im Radiostudio des französischen Senders Europe 1: Die Libra-Coins als souveräne Währung? Ob Facebook das dürfe? "Nein", kam die Antwort. Und mit diesem einen Wort schien alles gesagt zu sein.

LeMaire hatte den Ton gesetzt. Und viele Zentralbanker, Finanzaufseher und Parlamentarier rund um den Globus schlossen sich ihm in Sachen der Digitaldevise an. Der Libra-Coin? Könne die Banken untergraben, urteilte Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Könne im Zweifel zu Geldwäsche führen, sagte der Vize der Europäischen Zentralbank, Luis de Guindos. Man könne nicht einfach zugucken, meint der Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin.

Viele Geldpolitiker zeigen sich besorgt. Sie fürchten, dass künftig mit Libra eine Gruppe privater Konzerne um Facebook in der staatlichen Währungs- und Finanzpolitik wildern dürfe. Denn die Digitalwährung Libra könnten im Zweifel mehrere Milliarden Nutzer der Facebook-Dienste Messenger und Whatsapp nutzen. Geld zu versenden soll mit Libra so einfach werden wie ein Foto zu verschicken, versprechen die Macher. Wenn aber Milliarden Nutzer eines Tages statt mit Euro, Yen und Dollar mit Libra bezahlen sollten, könnte das die Geldpolitik der Notenbanken untergraben.

Zudem ist noch nicht endgültig klar, wie gut die 27 Gründungsunternehmen um Facebook Geldwäsche vermeiden können. Und wenn der Zahlungsverkehr künftig nicht mehr über herkömmliche Banken verliefe, dürften auch die Finanzinstitute leiden. "Währungsfragen sind in staatlichen Händen sicher besser aufgehoben, als bei einem Konsortium aus Konzernen", sagt auch Gilbert Fridgen, Experte für digitale Währungen an der Universität Bayreuth.

Die Finanzpolitiker ließen es allerdings nicht bei reinen Wortmeldungen bewenden. In den USA will die Vorsitzende des Ausschusses für Finanzdienstleistungen im Repräsentantenhaus, dass das Konsortium um Facebook sein Projekt auf Eis legt, am 16. Juli wird der Ausschuss darüber diskutieren. In Großbritannien schauen sich Notenbank, Finanzministerium und Finanzaufsicht das Libra-Projekt zusammen an. Und die Franzosen haben in der Organisation der sieben größten Industrieländer, G7, eine ergebnisoffene Arbeitsgruppe zu Libra gegründet. Dieses internationale Format dürfte in Sachen Libra die größte Wirkung entfalten. Zum ersten Mal wird es am 17. Juli über das Thema beraten.

Die Schweden tüfteln an einer E-Krone, der Kreml denkt über einen E-Rubel nach

In Deutschland brachten Politiker der Grünen und der Unionsfraktion jetzt einen E-Euro ins Spiel. Die Pläne für eine solche digitale Variante der Gemeinschaftswährung richten sich offensichtlich gegen die Libra-Pläne der Konzerne um Facebook.

Andere Länder denken bereits länger über eigenes E-Staatsgeld nach. So tüfteln die Schweden an einer E-Krone, der Kreml denkt über einen E-Rubel nach, und auch Iran prüft für sich die Chancen eines E-Rial. Viele solcher Projekte sind jedoch oft reine Rechercheprojekte, denn auch wenn staatliches E-Geld als Schlagwort gut klingt: Am Ende kann es unter Umständen zu einem riskanten Unterfangen werden. Könnten Nutzer etwa Geld auf Konten direkt bei der Zentralbank parken, könnten sie in großem Umfang Geld von traditionellen Banken abheben, wenn diese wanken. Die CDU betont bei ihrem Vorschlag deshalb, dass die Geschäftsbanken beim E-Euro nicht außen vor bleiben dürfen.

Auch die Zentralbanken anderswo gehen vorsichtig an das Thema staatliche Digitalwährung heran. So soll es in Thailand beispielsweise eine staatliche E-Währung geben, die aber nur große Banken im Zahlungsverkehr zwischen sich und der Notenbank verwenden dürfen sollen - und nicht die Endkunden. Am weitesten gehen Planungen einer schwedischen Arbeitsgruppe in der dortigen Reichsbank. Sie hat der Zentralbank im vergangenen Herbst empfohlen, bereits in diesem Jahr mit den Arbeiten an einer E-Krone zu beginnen. Auf Prepaidkarten oder Handyapps könnten schwedische Bürger dann irgendwann elektronische Kronen speichern. Mit solchen Gegenangeboten könnten die Staaten versuchen, die Facebook-Initiative Libra weniger attraktiv erscheinen zu lassen.

Nicht alle Behörden äußerten sich allerdings skeptisch zu der geplanten, weltumspannenden Digitalwährung. Die traditionell innovationsfreundliche Bank of England gab zu Protokoll, man trete dem Projekt zwar nicht mit einer offenen Tür, aber immerhin mit offenem Geist entgegen. Was das heißt, wurde schnell deutlich: Die Zentralbank will künftig nicht nur Banken erlauben, Geld bei der Notenbank zu parken, sondern auch Start-ups aus der Finanzszene.

Noch positiver verhielten sich die Behörden in der Schweiz, wo das Libra-Konsortium sitzen soll. Das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen teilte mit, es sei sehr positiv, dass die Schweiz bei diesem globalen Projekt eine Rolle spielen dürfe. Der Genfer Staatsrat für wirtschaftliche Entwicklung konnte seinen Enthusiasmus noch weniger verbergen: Genf sei schon ganz aufgeregt, mit dem Konsortium um Facebook zu arbeiten.

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