Actionsport:Das große Versprechen

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Mash-Starter Lennox Zimmermann zählt zu den besten deutschen BMX-Fahrern - mit elf.

Von Ralf Tögel, München

Der Schlafsack von Lennox Zimmermann ist immer noch eingerollt, Thomas Gottschalk hat sein Versprechen noch nicht eingelöst. In seiner Show "Little Big Stars", in der Kinder mit besonderen Talenten vorgestellt werden, hatte der Moderator Lennox Zimmermann zu Gast. Der hat in der Tat ein ganz besonderes Talent, der Elfjährige ist einer der besten deutschen BMX-Fahrer, was er einem großen Publikum in der Sat1-Show vorführen durfte. Und bei der Gelegenheit hatte Lennox Gottschalk einfach mal gefragt, ob er mit seinem Schlafsack bei ihm in Los Angeles mal vorbeischauen dürfte. Natürlich hatte Gottschalk zugestimmt, Lennox könne "schon mal den Schlafsack einrollen". Die Idee zum Besuch des pfiffigen Burschen aus Bad Iburg in Niedersachsen war aber nicht dem weltberühmten Moderator geschuldet, sondern einem der größten BMX-Parks in der Nähe von Gottschalks ehemaligem Wohndomizil, welches bekanntlich mittlerweile einem Waldbrand zum Opfer gefallen ist.

Der BMX-Wunderknabe kann sich nun aber auf ein anderes Ereignis freuen, das sogar eine deutlich größere Dimension hat: Lennox Zimmermann startet beim Mash. Dort war er zwar schon im Vorjahr eingeladen und durfte die so genannte Spine Ramp testen, aber bei der sechsten Mash-Auflage an diesem Wochenende ist der Elfjährige Teil des offiziellen Starterfeldes. Und das hat es in sich, zwölf der absoluten Spitzenfahrer aus der BMX-Freestyle-Szene werden sich auf einem Parcours mit mehr als 100 Metern Länge messen. Gestartet wird von einem acht Meter hohen Turm, von dem Athleten sofort gehörig Tempo aufnehmen, das sie dann in insgesamt drei gewaltige Sprünge umsetzen. Dabei springen die Fahrer über zwei sogenannte Gaps, eine Schanze mit Aufsprunghügel und einem Spalt dazwischen, und eine Box, das ist eine Schanze mit abgeflachtem Sattel. Am Ende der Strecke sind drei Quarter Walls, also große Wände, auf denen sie ebenfalls noch Tricks zeigen können, das Ganze nennt sich dann BMX Lake Line. Lennox Zimmermann bekommt es dabei mit illustren Konkurrenten wie Tom van den Bogaard, dem Ausnahmetalent aus den Niederlanden, dem deutschen Top-Fahrer Paul Thölen, der bereits mehrmals bei Mash startete, dem Australier Jaie Toohey oder Kieran Reilly aus England zu tun.

"Es ist unglaublich, dass ich mit all den berühmten Fahrern in München fahren kann", sagt Lennox, obwohl er alle bereits persönlich kennt. Auch von der Strecke ist der Schüler begeistert. Die Strecke ist in diesem Jahr auf Pontons in den See modelliert und so konzipiert, dass sie den Startern viel Airtime geben wird, was bedeutet, dass die BMX-Cracks angesichts der Hindernisse fast mehr Zeit durch die Luft segeln, als auf dem Boden fahren. "Ich freue mich riesig, die Strecke auf dem See fahren zu können", sagt Lennox, auch die gewaltigen Sprünge sollten ihm entgegenkommen. Denn das ist seine besondere Stärke, wie sein Vater Michael Zimmermann erzählt.

Der war nicht ganz unschuldig am sportlichen Werdegang des jüngsten Sohnes, Lennox hat noch einen älteren Bruder und eine ältere Schwester. Angefangen hat Lennox' Karriere auf einem Kindermotorrad, denn Vater Michael und Bruder Niklas fuhren gemeinsam hobbymäßig Motocrossrennen. Lennox war seinerzeit schon dabei, erinnert sich sein Vater, er sei damals noch mit dem Laufrad von den Sprunghügeln gebrettert. "Mit vier hat er sein erstes Motorrad bekommen", erzählt Michael Zimmermann, mit fünf fuhr Lennox sein erstes Motocross-Rennen. Doch dann hörte sein Vater, der für ein großes Softwareunternehmen tätig ist, mit dem Sport auf, "aus zeitlichen und gesundheitlichen Gründen", wie er erzählt, denn Motocross ist nicht nur ein aufwendiger, sondern auch verletzungsträchtiger Sport. Als auch Niklas die Lust am Motocross verlor, machte der kleine Bruder aus der Not eine Tugend. Weil Niklas schon immer als ausgleichenden Sport mit dem BMX-Fahrrad herumturnte, lag nicht nur nahe, dass sich auch Lennox fortan auf die Variante ohne Motor konzentrierte, sondern Bruder Niklas wurde auch sein Mentor und brachte ihm die Tricks bei. Von Training könne man beim BMX ja nicht sprechen, es sind Freestyler, deren Antrieb in erster Linie der Spaß ist. Es gibt keine vorgeschriebenen Abfolgen, keine Regeln, beim BMX fahren und fliegen die Akrobaten, wie es ihnen gerade gefällt. Dabei ist das Talent von Lennox schnell aufgefallen: "Er hat die Tricks immer ein bisschen schneller gelernt als andere, er sprang immer höher als die meisten, Lennox ist schon immer ein bisschen herausgestochen", erinnert sich Vater Michael. Der große Bruder war bald überholt, und Lennox wird immer besser. Ein Ende ist nicht abzusehen, der Schüler - Lennox besucht die sechste Klasse im Gymnasium - wird längst zu großen Wettbewerben eingeladen, wie dem "Masters of Dirt" in Österreich. Oder dem Mash.

In den letzten Tagen hat Lennox besonders viel trainiert, mit dem Tramp Bike, bei dem die Gabel dick mit Schaumstoff eingepackt ist, auf dem Trampolin im heimischen Garten, seiner kleinen Rampe in der Auffahrt zu Hause oder im Bielefelder Skatepark, den Lennox seine Basis nennt. Dorthin fährt ihn dann meist sein Vater, der das Hobby des Sohnes nach Kräften unterstützt. Michael Zimmermann denkt im Übrigen nicht weit in die sportliche Zukunft des Sohnes, derzeit sei er einfach euphorisch wegen Mash, der Spaß soll nach Ansicht des Sohnes im Vordergrund stehen, Leidenschaft statt Druck, sagt er. Lennox kann sich schon vorstellen, später einmal von seinem Sport zu leben, der in Tokio ja sogar olympisch wird - BMX Freestyle ist ins Programm aufgenommen. Aber erst einmal will er die Schule beenden und "etwas Seriöses lernen", das schon. Was der Beruf des Profisportlers bedeutet, etwa in Sachen Sponsorenakquise oder derlei Nebenaspekten, darüber zerbricht sich Lennox Zimmermann noch nicht den Kopf. Auch nicht, ob Thomas Gottschalk sein Versprechen doch noch einlöst.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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