Impfen:Für und wider die Apotheker

Leser, darunter auch Apotheker, sehen entgegen der Ansicht des SZ-Kommentators einige gute Gründe, warum Pharmazeuten die Arztpraxen beim Impfen unterstützen und entlasten sollten.

Angstthema Impfungen - Umfrage: Vertrauenskrise in Westeuropa

Sarah Gilbert war von der Harmlosigkeit ihres Impfstoffs bisher so überzeugt, dass sie sogar ihre erwachsenen Kinder damit impfen ließ.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Zu "Impfen ist nichts für die Apotheke" vom 1./2. Juni:

Ihrer Meinung nach ist vor einer Impfung eine ausführliche Anamnese nötig, Vorerkrankungen müssen abgefragt und Infekte ausgeschlossen werden. Dem stimme ich zu. Könnte nicht auch ein Apotheker anhand von Entscheidungsbäumen, Leitlinien und Checklisten abklären, ob ein Patient impffähig ist? Wie sind die Erfahrungen in Frankreich mit fast 700 000 Grippeimpfungen durch Apotheker in der Saison 2018/19? Oder in der Schweiz, wo in der Saison 2017/18 annähernd 20 000 Patienten auf diese Art versorgt wurden?

Ist es nicht in der Realität eher die medizinische Fachangestellte, die die Impfung durchführt? Wird der Impfstoff tatsächlich wie vorgeschrieben vor der Injektion auf Zimmertemperatur gebracht und geschüttelt? Sie befinden, die Verkaufsstube einer Apotheke, zwischen schniefenden Patienten, sei nicht der richtige Ort für eine Impfung. Nun, in jeder Apotheke steht ein gesetzlich vorgeschriebener Beratungsraum zur Verfügung. Ein Arzt impft seine Patienten ja auch nicht im Wartezimmer.

Sie sprechen dem Apotheker die Kompetenz zum Impfen ab, weil er zum Teil Mittel mit unbewiesener Wirkung, wie zum Beispiel Homöopathika, vorrätig hält. Konsequent weitergedacht wären dann diejenigen Ärzte, die eben diese Homöopathika empfehlen oder Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) von zweifelhaftem Nutzen anbieten als Impfende ungeeignet.

Zu der Frage, ob es für mich und meine Apothekerkollegen sinnvoll und verantwortbar ist, zukünftig Impfungen durchzuführen, habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Ihr Artikel hat mir in dieser Frage leider nicht weitergeholfen.

Frank Kähler, Delmenhorst

So sehr ich die kritische Einstellung von Werner Bartens schätze, diesmal hat Minister Spahn wohl recht: Die Erfahrungen aus anderen Ländern, wo Pharmazeuten aktiv impfen, zeigen, dass dieser ein durchaus effektiver Weg ist, um die Impfrate zu erhöhen. Die neue Generation von Pharmazeuten bekommt nach Einführung der Klinischen Pharmazie als fünftes Fach im Staatsexamen eine entsprechende Ausbildung. Undenkbar heute, dass ein Kandidat das Staatsexamen besteht, ohne zu wissen, was bei einer Impfung (Anamnese) oder bei einem Notfall zu tun ist.

Zur Kritik "schniefende Patienten in der Apotheke": sind etwa die Patienten in Wartezimmern alle gesund? Zu den Verkaufsinteressen der Pharmazeuten: Wie steht es mit den IGeL-Angeboten bei Ärzten? Was die Erhöhung der ärztlichen Honorare für Beratung betrifft: Wieso bekommen Ärzte für die Erstellung eines Medikationsplans ein Honorar, aber Apotheker - die wohl in dem Fall eher die Kompetenz besitzen - nicht? Es würde helfen, wenn die Pharmazeuten die Ärzteschaft dort unterstützen würden, wo sie die Kompetenz dazu haben, wozu die Impfung sicher gehört. Dann hätten letztere vielleicht mehr Zeit für eingehende Patientenberatungen.

Dr. Roberto Frontini, Apotheker, Leipzig

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