Schwabing:Pendler gegen Parkstadt-Bewohner

Domagkpark

Werden von vielen nach wie vor als kahl empfunden: die Straßenräume im Neubaugebiet Domagkpark.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Schwabings Bürgerversammlung debattiert einmal mehr die Stellplatz-Misere - demnächst gibt es einen Infoabend

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Es sind manchmal die vermeintlich kleinen, für manche wohl nicht so weltbewegenden Anliegen, die zu Dauerbrennern in Bürgerversammlungen werden. Für die Bürgerversammlung von Schwabing und der Alten Heide ist dies ein Bus-Wartehäuschen für die Linie 54 an der Münchner Freiheit, beziehungsweise das ärgerliche Nichtvorhandensein eines solchen. Seit 2016 tritt Jahr um Jahr ein älterer Herr ans Mikrofon und klagt über die Zumutung, bei Wind und Wetter ohne Dach über dem Kopf an der Haltestelle ausharren zu müssen. Allein, die Zeit des Wartens hat für ihn ein Ende, wie am Donnerstagabend der Mann und mit ihm 120 Besucher in der Turnhalle der Ricarda-Huch-Realschule erfahren: "Mitte Juli soll das Wartehäuschen aufgestellt werden", sagt ein MVG-Mitarbeiter. Großer Applaus. Wenigstens einer muss an diesem Abend nicht mehr auf die Erfüllung seines Wunsches warten. Andere schon.

Ein Dutzend Anträge und eine Handvoll Anfragen weisen auf eine zwar nicht wunschlos glückliche Bürgerschaft hin; doch große Missstände haben die Schwabinger an diesem heißen Sommerabend kaum an die Stadtverwaltung und Stadtpolitiker heranzutragen. Nur drei Personen erheben ihre Stimme zu schwelenden, ein ganzes Viertel aufwühlenden Problemlagen.

Erstens: die Parksituation in der Parkstadt Schwabing. Auch dies ein Dauerbrenner, allerdings viel vertrackter zu lösen als das Hinstellen eines Bus-Wartehäuschens. Seit vielen Jahren dominieren die Nicht-Parkstädter, also die Pendler, das Quartier nördlich des Mittleren Rings. In dem Gebiet gibt es 12 000 Arbeitsplätze bei 2300 Anwohnern - und die Büroarbeiter dominieren den öffentlichen Raum, schnappen den Bewohnern frühmorgens die Parkplätze weg. Nun will die Stadt flächendeckend Parken nur noch für eine begrenzte Dauer oder gegen Gebühr erlauben. "Das bedeutet, dass wir unser Auto nicht mehr in der Parkstadt abstellen können", resümiert ein Besucher, wie er dies schon ähnlich in der Bezirksausschuss-Sitzung formuliert hat. Sein Antrag, der mit großer Mehrheit angenommen wird: Die Stadtverwaltung soll diesen Plan stoppen. Indes: Lange muss er nicht mehr warten, bis die zuständigen Behörden und wohl auch Firmenvertreter die Park-Misere öffentlich diskutieren: Am Montag, 8. Juli, soll eine Anwohner-Informationsveranstaltung im Wagnis-Art-Haus im Domagkpark stattfinden, wie noch am Abend bekannt wird.

Der zweite Dauerbrenner-Aufreger: die Kindertagesstätte an der Haimhauserstraße, beziehungsweise die Schließung derselben. Die Einrichtung wurde 2016 wegen Schäden an der Gebäudesubstanz von heute auf morgen geschlossen; das Haus soll generalsaniert werden - allerdings rührt sich bisher nichts. "Ich will wissen, warum da nichts passiert, Schwabing hat ein Kinderbetreuungsproblem", sagt eine Frau verärgert ins Mikrofon. Eine Mitarbeiterin des Baureferats erklärt: Es habe langwierige Sicherungsmaßnahmen, ebenso lange Abstimmungen mit dem Landesdenkmalamt sowie Untersuchungen zu vermeintlich archäologischen Funden gegeben. "Das Ziel ist ein Baubeginn Ende dieses Jahres."

Auch für die Frau heißt es also weiter warten, ebenso wohl für den Antragsteller aus dem Domagkpark. Er trägt die schon mehrfach geäußerte Forderung der Quartiersanlieger vor, die als kahl empfundenen Straßenräume in dem Neubaugebiet mit mehr Bäumen zu bepflanzen. Die Mehrheit der Versammlung hat er hinter sich. Keine Unterstützung gibt es hingegen für den Antrag, die Ampel-Grünphasen an der Münchner Freiheit zu verlängern.

Dafür können sich die Versammlungsteilnehmer für den Wunsch erwärmen, im Petuelpark "ein oder zwei" Parkbänke aufzustellen, auch Schutzvorrichtungen für Passanten an den Bushaltestellen Leopold-/Parzivalstraße und Rhein-/Potsdamer Straße finden eine Mehrheit. Begeisterte Rufe, dazu donnernden Applaus erntet der einsame Spitzenreiter unter den Dauerbrennern in allen Münchner Bürgerversammlungen: Eine junge Frau verlangt ein Laubbläserverbot, konkret "die Abschaffung dieser Laubpuster in Schwabing". Allein, auf eine solche Wohltat wird man wohl noch sehr lange warten müssen.

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