Bundespräsident über Social Media:Steinmeier kritisiert twitternde Politiker

Festakt zum 70-jährigen Bestehen der dpa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) spricht beim Festakt zum 70-jährigen Bestehen der dpa.

(Foto: dpa)
  • Bundespräsident Steinmeier kritisiert Politiker, die exzessiv Twitter nutzen - und damit indirekt US-Präsident Trump.
  • Das "minütliche Absetzen von Tweets" habe die Qualität der Politik nicht gesteigert.
  • Zurückhaltend äußert sich der Bundespräsident über Influencer: Politik brauche mehr Zeit als diese suggerierten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Politik aufgerufen, neue Medien wie Twitter überlegt zu nutzen - und damit indirekt auch US-Präsident Donald Trump kritisiert.

Das "minütliche Absetzen von Tweets" habe die Qualität der Politik nicht gesteigert, sagte Steinmeier am Montag bei einem Festakt zum 70-jährigen Bestehen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn auch künftig Zölle nicht via Twitter erhöht und Kriege nicht per Twitter ausgelöst werden - möglichst beides überhaupt nicht."

Trump ist für seine Twitter-Nachrichten bekannt und gefürchtet, mit denen er Gegner heftig kritisiert und wichtige politische Ereignisse wie jüngst das Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un an der innerkoreanischen Grenze angekündigt hat.

Journalismus im Sinne einer objektiven Berichterstattung würdigte Steinmeier als wesentliches Element einer funktionierenden Demokratie. Er mahnte eine weiterhin klare Trennung zwischen Politik und Medien an. "Demokratie und Medien brauchen einander. Gemeinsam funktionieren können sie aber nur, wenn sie die professionelle Distanz zueinander wahren." Er betonte, Demokratie brauche einen Journalismus, "der prüft, der analysiert, bevor er publiziert". Angriffe auf Journalisten und Politiker verurteilte der Bundespräsident als Attacken auf die Demokratie. "Physische Gewalt bis hin zum Mordversuch oder gar Mord, wie jetzt bei Walter Lübcke - das sind Anschläge auf unsere politische Kultur, auf den inneren Frieden und auf die Demokratie." Der Kasseler CDU-Politiker Lübke war per Kopfschuss ermordet aufgefunden worden; ein Rechtsextremist hat die Tat gestanden.

Zurückhaltend äußerte sich der Bundespräsident über Influencer, die im Internet gerade bei jungen Menschen erheblichen Einfluss haben. "Es mag sein, dass die Demokratie auch Influencer braucht", sagte er - sie seien jedenfalls längst Teil einer neuen Öffentlichkeit. Er vermute, dass Influencer "das tun, was man früher Kommentar und Meinung genannt hat", sagte Steinmeier. In der kommentierten Welt lasse sich der Klimawandel sofort stoppen, die Krise per Knopfdruck sofort beenden und der Frieden im Handumdrehen wieder herstellen, doch "in der Realität ist das alles ein bisschen schwerer. Denn die Politik braucht nicht nur den Willen, sie braucht gelegentlich auch Zeit für Lösungen."

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